Für den tauben Politiker Martin Zierold werden bei der Wahl des
Bundespräsidenten am 18. März selbstverständlich Dolmis dabei sein.
Da kann es doch nicht so schwer sein, diese Dolmis auch bei der
Fernsehübertragung einzublenden, zumindest bei PHOENIX. Aber die
ARD lehnt ab, zum einen, weil es technisch zu aufwändig sei, und
zum anderen, weil die Wahl untertitelt wird. Natürlich ist das
schon mal prima, wenn untertitelt wird. Aber entweder Untertitel
oder Dolmetschereinblendung ist die falsche Alternative. Den
Verantwortlichen ist offensichtlich nicht klar, wie unterschiedlich
die Bedürfnisse Hörgeschädigter sind. Manche beherrschen die
Gebärdensprache nicht, andere haben Mühe mit der deutschen Sprache,
also mit Untertiteln. Statt "entweder oder" also am besten ein
"SOWOHL ALS AUCH" - Untertitel PLUS
Dolmetschereinblendung! Zumal die Dolmetscher ja schon da
sind!
Genau das fordern auch die Grünen:
Erster tauber Politiker bei Bundesversammlung: Grüne
fordern von TV-Sendern Live-Übertragung in
Gebärdensprache
Die Berliner Grünen fordern die TV-Anstalten auf, die
Live-Übertragung von der Bundesversammlung auch in Gebärdensprache
zu senden. „Wir wollen die politische Beteiligung auch von
Menschen mit Behinderungen. Es sollte endlich
Selbstverständlichkeit werden, dass zumindest bedeutende politische
Ereignisse für alle Menschen in Deutschland verständlich übertragen
werden“, erklärt Landesvorsitzende Bettina Jarasch. Alles
andere widerspräche der 2006 verabschiedeten UN-Konvention über die
Rechte von Menschen mit Behinderungen – insbesondere in
Fragen der Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen.
„Noch immer gibt es Barrieren in der Gesellschaft, die vielen
Menschen eine politische und gesellschaftliche Beteiligung
erschweren“, erklärt der Vorstand der Grünen in Berlin-Mitte.
Als Bündnisgrüne sei man selbst der Umsetzung einer inklusiven
Gesellschaft verpflichtet und fordert Politik und Medien auf, sich
ebenso zu verhalten.
Hintergrund: Der Grünen-Politiker Martin Zierold, der erste taube
Parlamentarier Deutschlands, wird am kommenden Sonntag in der
Bundesversammlung über die Nachfolge von Christan Wulff
mitentscheiden. Die Bitte des Deutschen Gehörlosen-Bundes an die
ARD sowie die Anfrage von Martin Zierold an Phoenix, diese
Versammlung mittels eines eingeblendeten Gebärdensprachdolmetschers
zu übertragen, wurde abgelehnt. Lediglich die Untertitelung, die
meistens nicht die gleiche Qualität und dieselbe Komplexität
aufweisen wie die gesprochene Sprache, wurde in der ARD
gewährt.
Die Gebärdensprache ist allerdings nicht – wie viele annehmen
– gebärdetes Deutsch, sondern eine eigene Sprache mit einer
eigenen Grammatik. Sie weicht teilweise erheblich von der deutschen
Lautsprache ab. Eine reine Untertitelung ist für viele taube
Bürgerinnen und Bürger ein Hindernis, die Bundesversammlung
vollständig zu verfolgen.
Zur Unterstützung ist eine neue Facebook-Gruppe gegründet worden:
Bundesversammlung
in Gebärdensprache dolmetschen !
War das nun ein Irrtum, oder haben Bitten und Proteste doch
etwas bewirkt? Wie dem auch sei, bei PHOENIX werden nun doch
Dolmis eingeblendet.
PHOENIX schreibt:
"Ihre Anfrage
kann ich positiv beantworten: PHOENIX wird die 15.
Bundesversammlung mit Wahl des 11. Bundespräsidenten mit
Gebärdensprachdolmetschung übertragen."
Die Verwaltung des Bundestags ergänzt:
"Wir freuen uns sehr, dass sich Phoenix nun für die
Variante der Gebärdendolmetschung in derselben Weise wie bei
Nachrichtenübertragungen im Fernsehen
entschieden hat. Es wird ein eigener Dolmetscher ins Bonner Studio
bestellt, so dass auf Phoenix sowohl das Plenarbild als auch der
Dolmetscher zu sehen sind. So ist es doch die beste
Lösung."