22.10.2013 20:15 Uhr (Dauer 105 min)
Wiederholung: 12.11.2013
08:55 Uhr (Dauer 105 min)
arte HD
Mea Maxima Culpa
(Mea Maxima Culpa: Silence in the House of God)
Stille im Haus des Herrn
Religionsmagazin, England, USA 2012
Moderation: Thomas Kausch
Autor: Alex Gibney
Kamera: Lisa Rinzler
Nach außen schien Pater Lawrence Murphy die Idealbesetzung für
die St.-Johns-Schule für Gehörlose in Milwaukee zu sein, an der er
von den frühen 50er Jahren bis 1974 unterrichtete. Der freundlich
aussehende Geistliche wirkte zugewandt, konnte die Zeichensprache
perfekt und nahm einige Jungen schon mal für einen Kurzurlaub in
sein Sommerhaus mit. Dort, aber auch im Schlafsaal und selbst im
Beichtstuhl, praktisch unter den Augen seiner Kollegen und der
betreuenden Nonnen, verging Pater Murphy sich an seinen
Schutzbefohlenen. Die taubstummen Jungs waren die perfekten Opfer,
denn sie konnten ihr Elend nicht in die Welt hinausschreien. Ihre
Eltern verstanden zumeist die Zeichensprache nicht, und wenn sie
ihre Söhne verstanden, glaubten sie ihnen nicht, da ein Geistlicher
solche Untaten doch niemals begehen würde. Zudem waren viele Eltern
dankbar, dass die Kirche ihren behinderten Kindern eine Ausbildung
ermöglichte. In ihrer Verzweiflung druckten die Kinder Steckbriefe
ihres Peinigers, verteilten sie auf Kirchenbänken und anderenorts.
Spätestens da hätte die Erzdiözese eingreifen müssen, die seit
langem von den Missständen wusste. Bereits im Jahr 1963 berichtete
ein Geistlicher, der Pater Lawrence Murphy während einer
Abwesenheit vertrat, dem Erzbischof über die Vorkommnisse. Doch es
ging mehr als ein weiteres Jahrzehnt ins Land, bevor Murphy
versetzt wurde. Priester durfte er bleiben. Auch in seiner neuen
Gemeinde, die nicht über sein Vorleben informiert worden war, kam
es zu Übergriffen. Nachdem immer häufiger Fälle von Pädophilie
überall in der Weltkirche ans Tageslicht kamen, geriet die
Amtskirche, die bislang eher weggesehen oder auf die innere Einkehr
der Täter in eigens dafür geschaffenen Einrichtungen vertraut
hatte, in arge Bedrängnis. Papst Johannes Paul II. verfügte, dass
jeder Missbrauchsfall der damals von Kardinal Ratzinger, dem
späteren Papst Benedikt XVI., geleiteten Glaubenskongregation
gemeldet werden müsse. Aber die Ermittlungen dort verliefen eher
schleppend. So starb der beschuldigte Priester Lawrence Murphy
unbestraft, und die Erzdiözese in Wisconsin erklärte sich in
Erwartung hoher Schadensersatzforderungen prophylaktisch für
zahlungsunfähig.