Ein typisches Frauenbuch? Das zumindest meinte meine Frau auf den ersten Blick, als ich Claire Winters "Die Schwestern von Sherwood" auspackte. Ja, sieht auch ganz danach aus, mit Efeuranken, lila Blüten, handgeschriebenem Brief und einem alten englischen Herrenhaus in der wunderschönen Landschaft Südenglands auf dem Umschlag. Und dann noch eine Lovestory in der englischen High Society - klingt alles nach Rosamunde Pilcher. Ist es aber nicht, und auch wenn es gewisse Ähnlichkeiten gibt, gibt es doch gravierende Unterschiede. Zum einen spielt der Roman nicht nur im England des 19. Jahrhunderts, sondern auch im Berlin nach dem zweiten Weltkrieg, und zum anderen hat die Autorin sich in eine für die meisten Leser völlig unbekannte Welt hineinbegeben, in die Welt der Gehörlosen.
Eine der beiden Romanheldinnen, Amalia, erkrankt in früher Kindheit an Scharlach und ertaubt. Die Taubheit ist der rote Faden, der sich durch das ganze Buch hindurchzieht. Die Autorin hat sich in die Sprache und Kultur der Gehörlosen hineingelesen und auch persönlich hineinbegeben, indem sie Gebärdenkurse besuchte und Kontakt zu Gehörlosen aufnahm. Bemerkenswert, wie tief sie in diese Welt eingetaucht ist! Sie lässt ihre LeserInnen nachempfinden, wie es ist, wenn man nichts hören kann. Sie zeigt aber auch auf, was man statt dessen gewinnt!
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