Nein, gehörlos ist die Schauspielerin Johanna Ingelfinger nicht.
Mag sein, dass sie eine gute Schauspielerin ist, aber warum nur hat
man sie für die Rolle der gehörlosen Lilly ausgewählt (s.u.)? Sie hat sich zwar bemüht,
Gebärden zu erlernen, aber Gehörlose bemerken doch sofort, dass das
nicht echt ist. Warum hat man die Rolle nicht mit einer
Gehörlosen besetzt? Es gibt doch genug talentierte junge
Gehörlose! War es zu zeit- und zu geldaufwändig, bei den Aufnahmen
einen Dolmi einzusetzen? Oder waren die Verantwortlichen ganz
einfach ahnungslos?
Hinzu kommt, dass die Handlung völlig unrealistisch ist. Lilly
wehrt sich zwar gegen ein CI. Dass sie nicht gehört hat, wie ihr
Vater ohnmächtig wurde, empfindet sie dann aber als ihre "Schuld"!
Vielleicht wäre ein CI doch nicht so schlecht? Und was die
Gebärdensprache betrifft: Die ist zwar faszinierend, aber wer kann
die schon? Verblüffend auch, wie perfekt Lilly von den Lippen
ablesen kann. Die Hörenden können fast normal sprechen, aber Lilly
benutzt ihre Stimme nie, sondern gebärdet nur, und wenn nötig
schreibt sie etwas auf. Und überhaupt haben Gehörlose halt ein
eingeschränktes Leben. Das könnte man durch ein CI natürlich
ändern.
Eine extrem positive Darstellung des CI, die den Verdacht
aufkommen lässt, "dass es sich hierbei um unerlaubtes Sponsoring
durch die CI-Industrie handeln könnte, genauer genommen um
SCHLEICHWERBUNG! Das ist eigentlich ein SKANDAL!"
Das meint Matthias Koch, der gegen diesen Film mit einer
Petition protestiert. Er will online möglichst viele
"Unterschriften" sammeln und sie dann an die zuständige Redaktion
bei der ARD schicken. Wenn auch Sie wie Matthias meinen: Hörende
SchauspielerInnen für taube Rollen? UNMÖGLICH! - dann unterstützen
Sie den Protest mit einer Unterschrift auf
Meine Petition!
Insgesamt 1090 Protestierende
haben innerhalb von 2 Tagen die Petition unterschrieben. Das ist
eine überwältigend hohe Zahl, die den Verantwortlichen bei IAF zu
denken geben sollte. Bei künftigen Produktionen sollten die
Fernsehleute bedenken: NIE NUR ÜBER UNS, ABER GERNE IMMER
MIT UNS!
Falls Sie den Film noch nicht gesehen haben: Er wird noch einige
Male wiederholt, und eine Woche lang können Sie ihn auch online
sehen: Trügerischer
Friede.
Die
Schauspielerin Johanna Ingelfinger hat sich hier per Kommentar zu
Wort gemeldet und entschuldigt. Dabei trifft sie überhaupt keine
Schuld. Ihre darstellerischen Leistungen sind wirklich Klasse, und
dafür, dass sie als Hörende für die Rolle des gehörlosen Mädchens
ausgewählt wurde, kann sie nicht. Mit dem dicken roten X wollten wir
nicht Johanna kränken - wir haben es gerne entfernt - sondern
darauf hinweisen, dass für taube Rollen TAUBE ausgewählt werden
sollten. Die Argumente der Filmproduktionsgesellschaft und des
IAF-Teams, die sich ebenfalls per Kommentar gemeldet haben, ziehen
nicht. Natürlich muss es bei einer Serienproduktion schnell gehen,
aber wieso sollte eine gehörlose Schauspielerin mit Dolmi alles
verlangsamen? Anerkannte taube Schauspielerinnen wie z.B. die
Oscarpreisträgerin Marlee Matlin oder Emmanuelle
Laborit liefern seit vielen Jahren den Beweis, dass Taube
professionell und vor allem authentisch eingesetzt werden
können.
An manchen Stellen im Film wird der good will schon deutlich. Es
wird deutlich, dass es zum Thema CI durchaus kontroverse Meinungen
gibt, allerdings mit eindeutiger Tendenz pro CI. Und es wird darauf
hingewiesen, dass es Gebärdenpoesie und Gehörlosentheater gibt.
"Selbst komplizierte wissenschaftliche Sachverhalte lassen sich in
der Gebärdensprache darstellen, bis hin zur Relativitätstheorie."
Zum Erstaunen aller kann der eine Pfleger die sogar in DGS
übersetzen: "Ich bin ein Huhn!" Ein toller Gag für den
Schluss-Lacher! Aber genau in diesem Stil ist
der ganze Film gehalten: oberflächlich und effekthascherisch.
Natürlich muss solch ein Film für ein Millionenpublikum eher
unterhaltsam als belehrend sein. Aber Falsches sollte wirklich
vermieden werden. Die IAF-Zuschauer wissen jetzt, dass Gehörlose
praktisch alles mühelos von den Lippen ablesen können, dass das
Leben Gehörloser halt doch arg eingeschränkt ist und dass das wahre
Glück eben doch das Hören ist. Audismus in Reinkultur! Auf solche
PR können wir gerne verzichten.