Diese Frage versuchen S. Müller und A. Zaracko in einem Aufsatz zu beantworten, der in der Zeitschrift Nervenheilkunde veröffentlicht wurde. Schnellleser sehen sich meist zuerst das Fazit, das Ende des Artikels an, und das stimmt scheinbar versöhnlich:
Mit Respekt auf die Autonomie des Kindes und sein Recht, später selbst zu entscheiden, ob es in der Welt der Hörenden oder der Deaf Community oder in beiden leben möchte, empfehlen wir – wie inzwischen auch der Bundeselternverband gehörloser Kinder e. V. –, gehörlose Kinder sowohl mit einem CI zu versorgen, als auch Gebärdensprache erlernen zu lassen. Statt des Entweder-oder sollte im Interesse der betroffenen Kinder ein Sowohl-alsauch ermöglicht werden.
CI PLUS Gebärdensprache, das klingt doch wirklich sehr versöhnlich. Aber hat der Bundeselternverband wirklich die Versorgung mit einem CI empfohlen?
Und wer ein wenig genauer hinschaut, findet auch dies:
Verweigern nun die Eltern die Versorgung ihres Kindes mit einem CI, kann beispielsweise der das Kind behandelnde Arzt das zuständige Familiengericht anrufen, das dann zu prüfen hat, ob ein Sorgerechtsentzug für die Frage der Versorgung mit einem CI vorzunehmen ist. Ein vollständiger Entzug des Sorgerechts stünde dabei nicht zur Debatte, sondern nur der Entzug des Sorgerechts für diese bestimmte Gesundheitsfrage. Bislang gibt es aber noch keine Präzedenzfälle.
Ein schwacher Trost: NOCH hat es keinen solchen Fall gegeben. Aber es könnte ihn durchaus geben. Ärzte und Richter wissen schließlich genau, dass Hören besser ist als Taubsein. Haarsträubend! Schlimm genug, dass "Fachleute" Eltern traktieren, ihr gehörloses Kind implantieren zu lassen. Demnächst könnten sie womöglich dafür sorgen, dass Eltern das Sorgerecht (nur für diese Entscheidung natürlich!) genommen wird und Kinder zwangsimplantiert werden. Kommen da nicht unselige Erinnerungen hoch? - Aber die Kinder haben ja ein "Recht auf ein CI!"
Diesen Artikel muss man gelesen haben:
Neuroethik & Neurophilosophie: Haben gehörlose Kleinkinder ein
Recht auf ein Cochleaimplantat?
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P.S.: Dazu passt ein Fall, der zur Zeit in den USA vor Gericht
verhandelt wird. Eine Frau hat ihren geschiedenen Mann verklagt,
weil er die gemeinsame Tochter nicht zwingt, ihre CIs zu tragen,
sondern in ASL mit ihr kommuniziert:
Man Faces Contempt of Court for Not Forcing Daughter to Wear Ear
Implants