Schon mal erlebt? Der gehörlose Vater nimmt seine hörende
Tochter fröhlich auf die Schulter, und die Kleine weint und
schreit: "Ich will runter!" Und niemand hört's.
In ihrem Buch Das nicht-gehörte Kind beschreibt Hiltrud
Funk solche Situationen und ihre Auswirkungen auf die Psyche der
Kinder. Natürlich sind gehörlose Eltern nicht weniger liebevoll als
hörende Eltern. Sie benutzen eine andere Sprache, und ihre Kinder
haben die einmalige Chance, zweisprachig aufzuwachsen. Damit ist es
aber nicht getan. Man kann die Augen nicht davor verschließen, dass
CODAs, die hörenden Kinder gehörloser Eltern, mit massiven
Problemen fertig werden müssen. Mit denen sollte man sie und ihre
Eltern nicht allein lassen. Aber wer kann wie helfen? In Frankfurt
hat sich die Frühberatungsstelle, an der Frau Dr. Funk tätig ist,
dieser Aufgabe angenommen. Das ist eher ungewöhnlich, da die
Frühberatung eigentlich für hörgeschädigte und nicht für hörende
Kinder gedacht ist. In ihrem Buch legt Hiltrud Funk jedoch die
Notwendigkeit der Unterstützung der "nicht-gehörten Kinder" und
ihrer nicht-hörenden Eltern unmissverständlich dar. Ein Buch von
einer Fachfrau für Fachleute, Fachliteratur halt. Sehr
empfehlenswert für Fachleute, für alle anderen würde man sich
natürlich leichter Verständliches wünschen. (Das gibt es aber auch
schon.
Zur Tagung "... Leben auf dem Trapez" - Arbeit mit hörenden
Kindern und deren gehörlosen Eltern "
gibt es [in Neuauflage] einen Reader, der für 5,- Euro bestellt
werden kann bei der Pädoaudiologischen Frühberatungsstelle in
Frankfurt am Main.)
Frau Funk kommt das Verdienst zu, erstmals die Problematik
aufgezeigt und wissenschaftlich dargestellt zu haben. Eine
Pioniertat, die sicherlich Impulse auslöst.
Das nicht-gehörte Kind
P.S.: In den nächsten Tagen befassen sich übrigens gleich zwei
Berichte im Fernsehen mit diesem Thema: Jenseits der Worte -
Kinder gehörloser Eltern und Hörende Kinder gehörloser
Eltern in Planet Wissen (siehe unten, TV-Tipps).