"Eine 22-jährige gehörlose Linzerin möchte eine Ausbildung zur Sonderschullehrerin absolvieren. Doch das Ministerium lehnt dies mit Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen, in denen eine körperliche Eignung Voraussetzung für einen Abschluss an einer Pädagogischen Akademie (PädAk) ist, ab. Und dies, obwohl die junge Frau ihr Wissen an gehörlose Kinder weitergeben möchte."
Begründet wird das auch noch mit einer Entscheidung im "Methodenstreit": "Im Richtungsstreit, ob man die Laut- oder die Gebärdensprache im Unterricht forcieren soll, habe sich Österreich für die Lautsprache entschieden."
Genau DAS hatten wir 1880 schon einmal. In Mailand entschied man sich für den Oralismus, und damit gleichzeitig gegen die Gebärdensprache und die damals unterrichtenden gehörlosen Lehrer.
Ein krasserer Fall von Diskriminierung, mit dem Deckmäntelchen der gesetzlichen Bestimmungen, ist kaum vorstellbar. So außergewöhnlich scheint das in Österreich aber nicht zu sein. Eine Rollstuhlfahrerin wurde als Sonderpädagogin abgelehnt, und eine Sehbehinderte als Richterin. Mit Begründungen, die HAARSTRÄUBEND sind!
Dabei gibt es doch gehörlose Lehrer in Österreich! Und an ihrem Nachbarland Tschechien könnten die Österreicher sich auch ein Vorbild nehmen (s.u.).
Sollten wir den verantwortlichen Sektionschef mit einem AA (AmO) "ehren"? Stimmen Sie mit ab!
Bericht bei BIZEPS:
Oberösterreich: Gehörlose darf nicht
Sonderschullehrerin
Das Neue Volksblatt berichtet heute über den Fall:
Gehörlose darf nicht Lehrerin werden
Auch der ORF berichtet darüber:
Gehörlose darf nicht Lehrerin werden
Das ist das Gesetz, um das es geht:
§ 121.
Aufnahmsvoraussetzungen
Voraussetzung für die Aufnahme in eine Pädagogische Akademie ist
die erfolgreiche Ablegung der Reifeprüfung einer höheren Schule.
Ferner ist die körperliche Eignung für die
Ausbildung an der Pädagogischen Akademie nachzuweisen.
(Schulorganisationsgesetz -> § 121
Aufnahmsvoraussetzungen)
Was bedeutet denn körperliche Eignung? Eine Interpretationsfrage! Natürlich sind Gehörlose besonders geeignet für den Unterricht bei gehörlosen Kindern, und damit auch für die Ausbildung an der PädAk - und das nicht nur körperlich! Wenn selbst Pädak-Direktor Josef Fragner feststellt, eine gehörlose Lehrerin sei ein "'Glücksfall' für gehörlose Kinder", warum muss dann der Behördenvertreter den § 121 so engstirnig und widersinnig auslegen?
Mit internationalem Protest der Gehörlosengemeinschaft ist zu rechnen !
12.03.03
Die Schulbehörde scheint einlenken zu wollen:
> Prüfung im Ministerium
Jetzt hat sich Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer in den
Fall eingeschaltet. Beim Unterrichtsministerium werde der Fall
derzeit geprüft, so Enzenhofer. Im Vordergrund stehe zwar das Wohl
der Kinder, grundsätzlich versuche man aber eine für alle Seiten
zufrieden stellende Lösung zu finden.
Änderung der Akademiestudienverordnung
So kann sich Enzenhofer eine Änderung der Akademiestudienverordnung
vorstellen, um somit auch behinderten Studenten ein ordentliches
Lehramtsstudium mit gewissen Einschränkungen bei der späteren
Berufsausübung zu ermöglichen. Außerdem versprach der
Landesschulratspräsident, der 22-Jährigen nach Studienende beim
Finden einer passenden Stelle zu helfen. <
Aber was ist jetzt unter "gewissen Einschränkungen" zu verstehen? Falls damit gemeint ist, dass die gehörlose Lehrerin nicht bei Hörenden unterrichten soll - OK! Das war ohnehin nicht beabsichtigt. Aber Vorsicht ist geboten bei den "gewissen Einschränkungen".
Und das "Finden einer passenden Stelle" mag ja lieb gemeint sein, gewissermaßen als Ausgleich für die Diskriminierung, aber eine Vorzugsbehandlung wollen Gehörlose nun auch nicht. Sieht sonst arg nach Paternalismus aus.
"Barriere der Woche": Gehörlose darf nicht
Sonderschullehrerin werden
Mögliche Lösung für gehörlose Studentin
Zu diesem Thema gab es am 13. 3. 2003 um 18:30 Uhr, einen Beitrag in "25 Das Magazin" im ORF1 (mit UT).
24.03.03 um 21.05 auf ORF 2, Thema: Bericht über die gehörlose Studentin, der der Zugang zum Lehramt verwehrt wird