Felizitas Böcher, evangelische Theologiestudentin, selbst
ertaubt und zurzeit in der Gehörlosenseelsorge in Nürnberg im
Praktikum, schreibt:
Dem Team der Seelsorge fiel schon 2010 ein Eintrag einer
Familienrechtsanwältin auf, in dem folgendes zu lesen war (es geht
um Sorgerechtsentzug):
"Dann gibt es noch die Kategorie, bei der die Eltern objektiv bei
der Erziehung versagen, es ihnen aber entweder gar nicht oder nur
teilweise vorzuwerfen ist, dass sie ihr Kind gefährden. Sind die
Eltern z. B. seelisch oder körperlich behindert, kann dies
Störungen bei der Entwicklung des Kindes verursachen. So wenn die
Eltern taubstumm sind, können sie ihrem Kind nicht das sprechen
beibringen, obwohl es körperlich dazu in der Lage wäre."
(Quelle:
http://fachanwaeltin-familienrecht-mannheim.de/2009/03/sorgerecht/)
- Stand 08.09.2011.
Von der Seelsorge ging ein Schreiben an die Anwältin, in dem klar
gesagt wurde, dass dieser Eintrag absolut nicht den Tatsachen
entspricht, da einmal der Begriff "taubstumm" veraltet ist und zum
anderen natürlich Gehörlose sich gut um ihr Kind kümmern können und
auch (durch hörendes Umfeld und Logopädie) selbstverständlich dafür
sorgen können, dass ihre hörenden Kinder sprechen lernen. - Bis
heute hat sich an dem Eintrag nichts geändert.
Mal ganz abgesehen von "taubstumm" (sollte durch den
Duden hinlänglich bekannt sein und wird mit Tanja Schulz'
T-Shirt
köstlich parodiert) - da wird doch glatt von
Familienrechtsanwältinnen behauptet, dass gehörlose Eltern
"objektiv bei der Erziehung versagen", was zur Folge hat,
dass "das Familiengericht in den vorgenannten Fällen tätig
werden kann". Sprich: Gehörlosen Eltern kann das Sorgerecht
entzogen werden, weil sie ihren hörenden Kindern nicht das Sprechen
beibringen können! Unvorstellbar, dass so etwas von Anwältinnen
veröffentlicht wird!
Wenn der eindringliche Hinweis von Gehörlosenseelsorgern nichts
bewirkt, dann wollen wir es mal hier an die große Glocke
hängen.