
Wolfgang Bachmann berichtet von der ersten inklusiven
Führungskräftefortbildung der Thüringer Polizei:
Der Freistaat Thüringen macht ernst mit der Umsetzung der
UN-Behindertenrechtskonvention. Auch für die Polizei. Das Thüringer
Innenministerium organisierte am 19.06.2014 im Meininger
Bildungszentrum der Thüringer Polizei die Führungskräftefortbildung
mit dem Thema „Sensibilisierung für den Umgang mit Gehörlosen
und Hörgeschädigten im Polizeialltag und unter den besonderen
Bedingungen einer Gefahrenlage“.
Herr Innenminister Geibert begrüßte persönlich alle anwesende
Führungskräfte der Thüringer Polizei und betonte, wie wichtig der
inklusive Umgang mit den Menschen mit Hörbehinderungen durch die
Polizei ist. Herr Schneider vom Thüringer Innenministerium sagte,
dass es ein Auftrag und eine Verpflichtung für die Polizei sei, mit
den Hörbehinderten besser umzugehen.
Herr Dr. Brockhausen, der Beauftragte der Thüringer
Landesregierung für Menschen mit Behinderungen, erinnerte sich an
die Deutschen Kulturtage der Gehörlosen, als er viele Gruppen von
Gehörlosen sah, wie sie sich in den Erfurter Straßen in
Gebärdensprache verständigten. Aus seiner Sicht hat das Thüringer
Innenministerium den Artikel 21 der UN-Behindertenrechtskonvention
umgesetzt. Beim Umgang mit der Polizei sollte die Verwendung der
Gebärdensprache erleichtert werden. Nicht nur das. Auch die Art und
Weise, wie die Gehörlosen sich normalerweise verständigen, sollte
von der Polizei akzeptiert werden und die Polizisten sollten darauf
geschult werden, wie man mit den Gehörlosen besser kommunizieren
kann.
Herr Schmidt, der Schulleiter des Förderzentrums Erfurt, referierte
die theoretischen Aspekte der Hörbehinderung und nannte die
aktuellen Zahlen. Im Jahr 2003 gab es 159 gehörlose Schüler, im
Jahr 2012 nur noch 118. Er zeigte auch berühmte Gehörlose wie
Henrik Avercamp und mehr auf und führte aus, wie die Hörenden die
Gehörlosen wahrnehmen und über sie denken und gab viele Tipps für
den Umgang mit den hörbehinderten Menschen.
Herr Bachmann, das DGB-Präsidiumsmitglied, ging auf das vorherige
Referat von Herrn Schmidt ein und erwähnte auch viele lebende
gehörlose Vorbilder wie Prof. Dr. Christian Rathmann, der auch aus
Erfurt kam und nun an der Universität Hamburg wirkt. Die Gehörlosen
sind keine Menschen mit vielen Defiziten, sondern Menschen wie alle
anderen auch - mit einer besonderen Sprache. Er führte aus, welche
typischen Kommunikationsprobleme es gibt, wie z.B. beim
Verkehrsunfall. Hier sollten die Polizisten sich neutraler
verhalten, wenn die Unfallbeteiligten Hörende und Gehörlose sind.
Ein Polizeioberrat kam dann zu ihm und machte mit Herrn Bachmann
zwei Rollenspiele. Der Polizeioberrat wurde von hinten an seinem
rechten Schulterstück getippt und darauf gefragt, wie er sich dabei
fühlte. Er sagte, dass es für ihn ungewöhnlich war und irgendwie
nicht angenehm. In einer Stresssituation wie einem Unfall kann eine
gehörlose Person ihn so rufen, um um Hilfe zu bitten. Herr Bachmann
berichtete, es habe in Deutschland bereits zwei Fälle gegeben, in
denen Gehörlose wegen dieses Verhaltens viel Ärger bekamen. Deshalb
müssten die Polizisten genau wissen, wie eine gehörlose Person in
Gefahrenlagen ruft und vieles mehr.
In der Folge verständigte Frau Beyer, die 1. Vorsitzende des
Landesverbandes der Gehörlosen Thüringen e.V., sich mit Herrn
Schneider auf weiter gute Zusammenarbeit.