Nachruf auf Wilke im "Taubstummenfreund" |
Carl Heinrich Wilke war ein taubstummer Taubstummenlehrer (damals empfand man das Wort "taubstumm" nicht als diskriminierend), der auch heute noch Vorbild sein kann für gehörlose SchülerInnen. Taubstumme Lehrer verschwanden nach den Oralismus-Beschlüssen von 1880 von der Bildfläche. Da sie selbstverständlich gebärdeten, passten sie nicht mehr ins System. Für sie gab es so etwas wie ein Berufsverbot.
Vorbildlich für die Zusammenarbeit
von Gehörlosen und Hörenden:
Carl Wilke (links) unterhält sich mit seinem Direktor. |
Noch bis vor kurzem hielten die (hörenden) Gehörlosenpädagogen es für unmöglich, dass ein Gehörloser den Bildungsstand erreichen könnte, um Pädagoge zu werden. Glücklicherweise hat sich das in den letzten Jahren geändert. Einer der jungen hoffnungsvollen gehörlosen Pädagogen, Helmut Vogel, hat sich der Geschichte der Gehörlosen verschrieben und auch über Carl Heinrich Wilke einiges zutage gefördert.
Carl Heinrich Wilke hat "Methodische Bildertafeln" gezeichnet. Sie dienten der Veranschaulichung und vor allem der Begriffsbildung bei gehörlosen SchülerInnen. Der visuelle Kanal wurde genutzt, nicht nur per Gebärdensprache, sondern auch mit Bildmaterial und Schriftsprache. Da selbstverständlich auch die Lautsprache gelehrt wurde, kann man diese "kombinierte Methode" durchaus schon als "total communication" bezeichnen - mit den Medien, die damals zur Verfügung standen. Carl Heinrich Wilke war also ein Vorreiter der AV-Medienlehrer im Hörgeschädigtenbereich. Und nicht nur da. Seine "Methodische Bildertafeln" wurden durchaus auch bei Hörenden benutzt, bis in unser Jahrhundert hinein.
Alles in allem Grund genug, Carl Heinrich Wilke als herausragende Persönlichkeit zu ehren.
In Ostfriesland werden zur Zeit seine Werke ausgestellt. Nicht, um den "taubstummen Helden" zu ehren, sondern wegen der hervorragenden Qualität und pädagogischen Bedeutung seiner Bildertafeln. Sie sind schlicht und einfach, aber eben so schön, dass man sie sich einrahmen und ins Wohnzimmer hängen möchte. Außerdem vermitteln sie, ähnlich wie die alten holländischen Meister, Einblicke in das Leben der Menschen im vorigen Jahrhundert. Ein Besuch der Ausstellung lohnt sich also in jedem Fall.
Eine Feierstunde mit Ausstellung zu Ehren Wilkes hat am 20.5.2000 in Berlin stattgefunden.