Sehen statt Hören - 17. Mai 1998 - 907. Sendung
Gebärdensprache auf CD-ROM:
3. Teil: Universität Hamburg
Tag der Schwerhörigen und Ertaubten
Zentralveranstaltung des DSB in Berlin
Deutsche Schwerhörigen-Tischtennis-Meisterschaften:
Dieses Jahr in Kassel
Moderator Hallo....
Wenn Sie unsere beiden Berichte im März und im April über Computerprogramme auf CD-ROM
gesehen haben, dann wissen Sie schon, was in diesem Bereich - in bezug auf
Gebärdensprache - jetzt neu auf dem Markt ist.
Wir setzen unsere Reihe heute fort und fahren in die Stadt, in der seit 15 Jahren
Pionierarbeit für die Forschung der Gebärdensprache und für die Erstellung von
Computer-Software geleistet wird.
"CD-ROM aus
Hamburg GEBÄRDENSPRACHE AUF CD-ROM" |
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Moderator: | Auf unserer Reise auf der Suche nach
DGS-Computerprogrammen sind wir an der vorläufig letzten Station angekommen: in Hamburg. Es herrscht das typische Schmuddelwetter! Hier hat das Zentrum für Deutsche Gebärdensprache vor 5 Jahren die erste Gebärdensprach-CD-ROM herausgebracht. Es war die erste in ganz Deutschland: Ein Fachgebärden-Lexikon für EDV. Vor 2 Jahren kam auch das Fachgebärdenlexikon Psychologie heraus. Für wen ist das interessant? Nur für Psychologen? Ich werde mich mal erkundigen. |
Beispiele aus CD: | "Herzlich willkommen zum Fachgebärdenlexikon
für Psychologie." "Viel Spaß bei der Benutzung!" |
Gebärdenfilm.: | "Abwehrmechanismus" 1. Variante 2. Variante 3. Variante |
Thomas HANKE, Uni Hamburg: | Das Lexikon wendet sich an gebärdensprachkundige
Fachleute, an gl Studenten der Psychologie und an deren Dolmetscher. Es ist ein Angebot, sich das Fach-Vokabular der Vorlesungen anzueignen und so die Vorlesungen besser verfolgen zu können. Das Fachgebärdenlexikon Psychologie enthält ca. 800 Fachtermini und deren Entsprechungen in Gebärdensprache. Ungefähr 1.300 gebärdensprachliche Einträge sind als Quicktime-Movies im Lexikon zu sehen. |
Beispiele: | "Sublimierung" |
Hanke weiter: | Es ist im Internet verfügbar und über viele
Suchmaschinen zu finden. So klicken sich Leute ein, die nach psychologischen Termini suchen und nicht unbedingt nach gebärdensprachlichen Informationen. Sie bekommen neben Informationen in Lautsprache auch Gebärden zu sehen. Wir hoffen, daß dann viele von ihnen Interesse entwickeln, sich durchklicken und mehr Informationen über Gebärdensprache aufnehmen. |
Die Internet-Adresse: | http://www.sign-lang.uni-hamburg.de/psychlex/ "Psychische Störung" 2 Varianten |
Film: | "Zwangsneurose" "Schuldgefühl" 1. Variante 2. und 3. Variante |
Bericht Manfred Schramm Dolmetscherin Sabine Goßner |
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Hanke:: | Wir begannen 1993 mit einem Fachgebärdenlexikon
über Computerbegriffe. Dann folgte ein Fachgebärdenlexikon Linguistik. Psychologie ist jetzt das am besten ausgefeilte Lexikon. Ein Lexikon über Tischler- und Schreinerhandwerk ist fast fertig. Ab Mitte des Jahres arbeiten wir am nächsten: Hauswirtschaftslehre. Das geht schon weit in den Bereich allgemeine Sprache hinein und stellt deshalb viele neue Anforderungen in der Lexikographie an uns als Entwickler solcher Multimedia-Anwendungen. |
Interv. Jürgen: | Jetzt bin ich hier zu Besuch bei Heiko
Zienert, dem 1. Vorsitzenden der Bundesgemeinschaft der Gebärdenkursleiter. In D. geht die Entwicklung von DGS-Computerprogrammen schnell voran. Was sind eure Empfehlungen diesbezüglich? Habt ihr Kritik? Was gebt ihr an die Leute weiter? Wie sieht die Zukunft aus? |
Heiko ZIENERT, Uni Hamburg: | Stimmt, die CD-ROMs verbreiten sich in
Deutschland jetzt sehr rasant. Sowas gab es vorher nicht. Nur Videos oder Gebärdenbücher. Videokassetten haben den Nachteil: Man kann auf Fragen keine Antwort bekommen. Die neuen CD-ROMs machen das möglich. Ich habe aber als Vorsitzender der BAG der Gebärdenkursleiter noch nicht die Mitglieder befragt, wie gut sie diese CD-ROMs finden. Sie sind noch zu neu. Wir müssen abwarten, was die sagen. |
Interv.: | Ergeben sich vielleicht auch Probleme? Oder ist alles ganz einfach? |
Zienert: | Wenn jetzt alle glauben, sie können
vereinheitlichte Gebärden abrufen, dann rate ich zur Vorsicht! Die Benutzer, ob hörend oder gl, müssen über Hintergrundwissen, über die Kultur, Sprache und Geschichte von Gehörlosen verfügen. Die CD ist dann eine Empfehlung. Man muß ihr nicht unbedingt folgen. Man hat eigene Gebärden. Oder man kann sie auch von der CD übernehmen. Wenn aber Leute ohne Vorkenntnisse sagen: Diese Gebärde ist gut, die andere ist Quatsch, nur die aus Hamburg oder sonstwo ist richtig, das würde uns politisch kaputt machen. Die CDs geben Empfehlungen. Man muß mit den Dialekten, die es nun mal gibt, vorsichtig umgehen. |
Interv.: | Hat sich die BAG eigene Konzepte für CD-ROM-Programme überlegt? |
Zienert: | GS-Kurskonzepte existieren bisher nur auf
Papier. Da gibt es Probleme, die Texterklärungen für Vorbereitungen und Übungen zu
verstehen. Darum haben sich unsere Mitglieder, die Gebärdenkursleiter, gewünscht, daß es auch Kurskonzepte auf Video gibt. Das genügt aber nicht. Da muß man zuviel hin und her fahren. Wir können in Zusammenarbeit mit dem Institut für Gebärdensprache bald neue CD-ROMs mit Gebärdensprachkurs-Konzepten entwickeln. Der Vorteil: Alles, was man für den Aufbau und Ablauf der Kurse braucht, kann der Anwender dann ganz einfach abrufen: Beispiele für den Unterricht in bewegten Bildern, Gebärdenfilme, das ganze Unterrichtsmaterial, didaktisch/methodisch aufbereitet. Die CD-ROM bringt alles in kürzester Zeit auf den Bildschirm! Auch Übungen. Sie kann auf Fragen antworten, wenn es Probleme gibt. Dann sind gl Gebärdenkursleiter nicht so sehr auf Texte angewiesen. |
Interv.: | Verbreitet sich die DGS durch die CD-ROM-Programme jetzt schneller? |
Zienert: | DGS kann man nur in der Praxis, in einem
Kurs, gut lernen. Man bekommt vom Lehrer Rückmeldung, kann mit den anderen diskutieren, welche Gebärden falsch oder richtig sind. Zweifellos ein Vorteil. Wenn man nur die Gebärden mitmacht, die auf der CD vorgemacht werden, kann man die Kenntnisse nicht vertiefen. Man versteht nicht genug. Die Gebärdensprache ist sehr kompliziert. Wie Mimik und Hände zusammenspielen, das ergibt eine große Bandbreite. Aber es kann durchaus Vorteile haben, wenn das Kurzkonzept auf CD von den Studenten zuhause als Lernprogramm benutzt wird. Sie können dann das nacharbeiten, was sie im Kurs gelernt haben: Unterrichtsbeispiele, Sätze, Fragen, Antworten, was richtig/falsch ist oder Vokabeln, die sie vielleicht vergessen haben. Aber, wenn man nur die CD zum Lehrer macht, das reicht auf keinen Fall! |
Bericht Gerhard Schatzdorfer Reporter Jürgen Stachlewitz Dolmetscherin Sabine Goßner |
Moderator Jürgen
Stachlewitz:
Hörbehinderung ist eine unsichtbare Behinderung. Sie fällt normalerweise nicht auf.
Normalhörende bemerken erst im direkten Kontakt mit Hörbehinderten, daß diese
schlechter hören oder sprechen. Nun wurde zum 1. Mal ein Tag der Schwerhörigen und
Ertaubten vom DSB organisiert.
Ziel: Das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen und die Bevölkerung über
Schwerhörigkeit zu informieren.
"Tag der Schwerhörigen" | |
Interv.: | Der DSB hat einen "Tag der Schwerhörigen
und Ertaubten" festgelegt. In 40 Städten waren die Ortsvereine aktiv - mit vielen Veranstaltungen. Das Ziel: Die Bevölkerung über die Schwerhörigkeit aufklären und auf die Diskriminierung Hörgeschädigter aufmerksam zu machen. Die große Hauptveranstaltung des DSB war in Berlin. 18 Informationsstände waren neben der Gedächtniskirche aufgebaut. Es war die größte Aktion des DSB in seiner fast 100jährigen Geschichte. Warum werden jetzt Veranstaltungen in ganz Deutschland durchgeführt? |
Dr. Harald SEIDLER, Präsident des DSB: | Wir führen diesen Tag zum 1. Mal durch, um
die Bürger aufzuklären, besonders über die Benachteiligung bei der
Hörgeräte-Finanzierung. Die gesetzlichen Kassen beteiligen sich immer weniger. Hörgeräteträger (HT) müssen immer mehr Geräte selbst bezahlen. Das Zweite ist: Die modernen Telefone sind für HT nicht mehr benutzbar. Hier findet eine zunehmende Diskriminierung statt. Drittens: Der Rückgang der finanz. Unterstützung für Rehabilitation, also z. B. in Rendsburg und Bad Berleburg. Die Kuren werden immer teurer. Hier besteht eine Benachteiligung. Wir wollen darauf aufmerksam machen und wir stellen die Fragen: |
Interv.: | Wie steht es mit der Solidarität in unserer
Gesellschaft? Welche Stellung haben Hörbehinderte? |
Dr. Harald SEIDLER: | Um die Bürger für die Probleme der
Hörbehinderten zu interessieren, hatten die Berliner viele Ideen rund um ihre
Info-Stände. Der schnelle Hörtest ist ein Muß, bei einer solchen Veranstaltung. Wie immer erregte er große Aufmerksamkeit bei den Besuchern. Die jüngeren Bürger hatten viel Spaß bei dem "Erbsenspiel". Es gab eine Belohnung, wenn man gut auf die Erbsen geklopft hatte. Schach: Das Denkvermögen wird hier getestet, nicht die schnelle Reaktion. Die gut Informierten konnten sich für die Hörbehinderten einsetzen. Theatergruppen zeigten Alltagsszenen Hörbehinderter. Es ging um die Kommunikation zwischen Hörenden und Hörgeschädigten. Viele Besucher kamen, denn die Szenen waren humorvoll dargestellt und zeigten trotzdem: Wie entstehen Mißverständnisse im täglichen Leben? Die Gedächtniskirche ist mit einer Induktionsanlage ausgestattet. Hier hatte der Sh-Verein eine Podiumsdiskussion organisiert. Verantwortliche waren da, wie z. B. der Behindertenbeauftragte Berlins. Sie mußten zu der Behindertenpolitik Rede und Antwort stehen. Das war das Programm in Berlin an diesem Tag. Solche Aktionen überall in Deutschland bedeuten viel Arbeit. |
Edeltraud CORDES, DSB Geschäftsführerin: | Die Vorbereitungen haben schon im vergangenen
Jahr begonnen. Wir haben versucht, möglichst viele Vereine einzubeziehen. Insgesamt 40 Veranstaltungen finden heute statt. Dies bedeutet, daß heute etwa 1000 ehrenamtliche Helfer tätig sind. |
Christian J. BECKER, Fördergemeinschaft Gutes Hören: | Wir von "Gutes Hören" haben zum 2.
Mai eine Medienkampagne gestartet. Wir haben über 1000 deutsche Medien über den Tag der SH informiert zwei Wochen vor der Aktion und auch eine Woche vorher. Wir haben über die Presse informiert, aber auch im Internet. Viel Arbeit wurde geleistet für diesen 2. Mai. |
Interv.: | Wie ist der Tag der SH und Ertaubten bei den Passanten angekommen? |
Frau: | Ich finde es wichtig, daß über SH
informiert wird. Viele glauben: Das ist ein Altersproblem. Aber es betrifft mehr und mehr die Kinder. |
andere Frau: | Ich finde die Aktion ganz phantastisch. Ich arbeite in einer GL- und SH-Schule und nehme viel Material mit. Ich wünsche der Versammlung viel Erfolg. |
Mann: | Ich finde es gut, etwas zu erfahren. Ich habe sonst nie mit SH zu tun. |
Plakate: | Es ist wichtig, mehr Informationen an die Bevölkerung
zu geben. Wenn der Tag der SH und Ertaubten spielerisch gestaltet wird, dann bleibt die Hörbehinderung nicht länger "anonym". |
Bericht Jan Ake Staffansson |
Moderator In
diesem Jahr fanden zum 25. Mal die Deutschen SH-Tischtennis-Meisterschaften statt, diesmal
in Kassel. Zum 1. Mal gab es keine separate Damen-Team-Meisterschaft, da sich zu wenig
Teilnehmerinnen gemeldet hatten. Also wurden die Ergebnisse der Damen und Herren
zusammengerechnet.
Wie Sie selbst sehen werden, sind die Berliner nach wie vor sehr stark vertreten.
"SH-Tischtennis" | |
Film: | Die Tischtennis-Meisterschaften sind schon in vollem Gange. Der Austragungsort war diesmal Heiligenrode bei Kassel. Ein Favorit für das Herren-Endspiel: Jürgen HAMPEL aus Hannover. Sein Gegner: Rüdiger SCHULZ aus Berlin. Es nahmen 7 Teams am Mannschaftswettbewerb teil. Die Damen spielten diesmal bei den Herren mit. Im Finale standen sich Hamburg I und Berlin I gegenüber. 1997 konnten die Berliner ohne Probleme den Titel holen. Doch diesmal ging die Meisterschaft klar an Hamburg I. Das erste Endspiel am Samstag war traditionell das Damen-Doppel. Dieses Jahr entschieden die Berlinerinnen die Meisterschaft unter sich. Elke TÖNNIES und Gundula WERSCHE auf der einen Seite, hier in Aktion. Auf der anderen Seite: Katja NISPEL und Miriam WOLF. TÖNNIES/WERSCHE gewannen beide Sätze 21:19 und so die Meisterschaft. Das Herren-Doppel. Zwei Berliner Teams bestritten auch hier das Finale unter sich. Aufschlag SCHULZ/WILCZYNSKI - ein bewährtes Team mit viel Erfahrung. Der 1. Satz geht 21:17 an sie. Noch haben sie SCHOLZ/MOGHADAM im Griff. Die beiden sind Sieger der Hauptrunde und somit Favoriten. Spannend wird es, nachdem sie den 2. Satz gewinnen konnten. 20:10 für Wilczynski/Schulz. Der 3. Satz ist klar gewonnen. Jetzt ist ein 2. Endspiel nötig, um den Gesamtsieger zu finden. Wer hat die bessere Kondition und Konzentration? Wir sind mittlerweile im 3. Satz. Beide Teams haben wieder je einen Satz gewonnen. Jetzt führen W./Sch. klar mit 20:9. Das Spiel dürfte entschieden sein. Der letzte Ballwechsel, und Schulz/Wilczynski sind Meister 1998. 1. Satz im Endspiel der Damen: TÖNNIES und NISPEL aus Berlin. Es versprach ein spannendes Endspiel zu werden. Tönnies, schnell und treffsicher, ist hier noch etwas unkonzentriert. Die beiden sind fast gleich stark. So kam es immer wieder zu schönen, langen Schlagwechseln. Das sieht man sonst hier viel zu wenig. Elke Tönnies konnte sich einen leichten Vorsprung herausspielen. Er reicht, um den 1. Satz zu gewinnen. Der 2. Satz ging dann klar mit 20:14 an die Favoritin Katja Nispel. 20:20 im 3. Satz. Wer hat die stärkeren Nerven? 21:20 für Katja. Jetzt hilft nur noch absolute Konzentration. Aber Elke hat nicht die Nervenstärke. Katja Nispel wird deutsche Schwerhörigen Tischtennis-Meisterin 1998. Endspiel Herren Der Höhepunkt: Das Finale im Herren-Einzel. Der Favorit Rüdiger Schulz (rechts) gegen Jürgen Hampel aus Hannover. Im 1. Satz sind beide fast gleich stark. Hampel gewinnt knapp 22:20. Im 2. Satz wird Schulz angriffslustiger. Das bringt ihn in Vorteil. Schulz spielt sonst auf Abwehr, aber hier spielt er voll offensiv. Aber der Vorsprung bleibt knapp. Es steht zu viel auf dem Spiel. Der Ball geht ins Netz und der 2. Satz an Schulz. Schauen Sie sich jetzt das an. Schulz führt 20:15. 20:16 und 20:17. Hampel schafft den Ausgleich: 20:20. Er setzt jetzt alles auf eine Karte: 21:20. Wenn man so riskant spielt, ist die Fehlergefahr besonders groß. Schulz ist verunsichert durch die vielen Verlustpunkte. 22:21. Dann kann Hampel den Ball zum 2:1 durchbringen. 23:21 im 3. Satz! Sie müssen noch mal spielen, weil Hampel Sieger der Trostrunde war. Schulz konnte den 1. Satz für sich entscheiden. Jetzt kann Hampel noch einmal auf 20:17 aufschließen. Er gibt sich nicht so leicht geschlagen. Aber dann ist es soweit: Hampel verschlägt. Der neue deutsche Meister der Schwerhörigen ist Rüdiger SCHULZ.. |
Bericht Manfred Schramm |