Michael Fischer fühlt sich vom DRK aufgrund seiner
Behinderung diskriminiert
Waldachtal-Hörschweiler. Vor den Kopf gestoßen und
diskriminiert fühlt sich Michael Fischer aus
Hörschweiler. "Sind Gehörlose beim Roten Kreuz
Freudenstadt Menschen zweiter Klasse", fragt seine Mutter Elsbeth.
Ihr tauber Sohn wurde vom DRK wiederholt als Blutspender
abgewiesen.
"Das hat ihn hart getroffen, er ist am Boden zerstört", sagt Elsbeth Fischer. Vor einem Jahr, am 26. November 1999, wollte ihr Sohn zum ersten Mal zur Blutspende. Er hatte keine Chance. Interne Richtlinien des DRK lassen es im Regelfall nicht zu, dass Gehörlose ihr Blut spenden.
Zwar wird nicht explizit auf den Fall eines gehörlosen Spenders eingegangen, aber die eventuelle Notfallversorgung, die sich an eine Spende anschließen könnte, setze ein Mindestmaß an Verständigung voraus, erklärt Dr. Ekkehard Richter, ärztlicher Leiter des DRK-Blutspendeinstituts in Baden-Baden.
Bei komplett Gehörlosen seien die möglichen Gefahren, die sich aus einer Blutentnahme ergeben können, zu groß. Nur im Einzelfall sei es möglich, dass ein Gehörloser nach der ärztlichen Untersuchung zur Spende zugelassen werde, sagt Richter.
Ob das Rote Kreuz im Fall Michael Fischer juristisch richtig oder falsch gehandelt hat, konnten die von unserer Zeitung befragten Juristen nicht zweifelsfrei feststellen. Setze sich ein Spendewilliger mit klarem Verstand bewusst diesem körperlichen Eingriff aus und ist er in der Lage, mögliche Risiken zu erkennen, dann dürfte er aufgrund des erfassungsrechtlich vorgeschriebenen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht anders als ein Spender mit Hörvermögen behandelt werden, meinte ein Befragter.
Ein Berufskollege war der Ansicht, das DRK könne bestimmte Personengruppen mit Rücksicht auf ihre Gesundheit oder den zu erwartenden Mehraufwand von der Spende ausschließen, da kein Vertrag zwischen den Parteien geschlossen werde und es sich lediglich um ein so genanntes Gefälligkeitsverhältnis handele.
Michael Fischer ist gelernter Maschinenmechaniker, kann lesen, rechnen, Auto fahren und den Computer bedienen. Ein ganz normaler Sohn, betont auch Vater Heinz Fischer. Einziger Unterschied ist die Taubheit und die damit verbundenen Artikulationsprobleme.
Michael Fischer fühlt sich "als Idiot abgestempelt". Zumal er eine schriftliche Einladung für den Spendetermin am 17. November 2000 in der Waldachtal-Schule erhalten hatte.
Ein Fehler, wie Richter zugibt. Man hätte ihn gleich nach der ersten Abweisung vor einem Jahr aus der Kartei streichen sollen, bedauert der Arzt. Er unterstreicht die Gefahren, die sich für Michael Fischer aus einer Blutspende ergeben könnten. Der 26-Jährige dagegen versteht die Welt nicht mehr. "Wenn Taubheit ansteckend wäre, könnte ich es ja
verstehen", sagt seine Mutter Elsbeth verärgert.
Von Daniel Knep (sb)