Am 27. und 28. Februar 1999 fand in Nürnberg die Tagung zum "bilingualen Unterricht" vor 160 angemeldeten Teilnehmern statt. Es war die erste Veranstaltung des erst im April 98 gegründeten Vereins BiLis (Interdisziplinärer Verein zur Förderung bilingualer/bikultureller Erziehung hörbehinderter Kinder und Jugendlicher) gemeinsam mit der evangelischen Gehörlosenseelsorge in Bayern, was als ein großartiger Erfolg zu betrachten ist. Mehr als 40 weitere Anmeldungen der Interessenten konnten leider nicht mehr berücksichtigt werden. Bundesweit hat die Ankündigung der Tagung großen Widerhall erfahren. Als Gastredner waren Studiendirektorin Angerby (h) und Lehrerin Allard (gl) von der Brigittaschule in Örebro (Schweden), Ulrich Hase, Präsident des Deutschen Gehörlosenbundes und Lehrerin Christa Bernatzky mit Erzieherin Cornelia Redetzki (gl) von der Gehörlosenschule Frankfurt/Main gekommen und haben aufschlußreiche Vorträge gehalten. Besonderes Interesse fand das Frankfurter Projekt, das seit zwei Jahren mit einem zweisprachigen Unterricht in 5. und 6. Klasse durchgeführt wird, bei den Teilnehmern. Nach der Einwilligung der Eltern wurde das Englisch-Fach durch das Fach "Gebärdensprache und ihre Grammatik" ersetzt. Sogar in 5. Klasse konnte ein Junge immer noch nicht richtig lesen. Die meisten Kinder konnten von sich aus nicht selbständig Fragen stellen, obwohl sie innerlich viele Fragen hatten. In diesem Projekt hat die Lehrerin zusammen mit der gebärdensprach-kompetenten Erzieherin als "team-teaching" (= Mannschaftsunterricht) getrennt nach der Laut- und Gebärdensprache unterrichtet. Anfangs hat es zwar Verwirrungen hinsichtlich der verschiedenen Grammatiken bei den Kindern ausgelöst, doch lernten und begriffen sie die Gebärdensprache und später die Bedeutung der Wörter in Deutsch, Erdkunde, Sozialkunde u.a. in verhältnismäßig kurzer Zeit rasch. Erst dann danach konnten die Schüler selbständige Fragen aus eigenem Antrieb - mal in Gebärden- und Lautsprache - stellen und ihren Wissensdurst befriedigen. Dank der qualifizierten Unterweisung in die Deutsche Gebärdensprache, die praktisch alle gehörlose und auch schwerhörige Kinder - wie die hörenden Kinder die Lautsprache - aufsaugen können, sind sie nun in der Lage, sich den Text richtig begreiflich zu erarbeiten - mit anderen Worten drastisch ausgedrückt: nicht mehr wie ein Papagei nachplappernd. Das Referat hat bei den Zuhörern große Betroffenheit und auch tiefen Zorn ausgelöst, was den Teilnehmerinnen und Teilnehmern aufgrund eigener Erlebnissen nichts Neues bedeutet.

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