Eltern gesucht - Eltern gefunden

Im Frühjahr 98 sind wir mit folgendem Wunsch an die Öffentlichkeit getreten:

Wir suchen Eltern, die wie wir für ihr Kind einen bilingualen Unterricht (Gebärdensprache und geschriebenes und gesprochenes Deutsch) wünschen.

Die Gebärdensprache ermöglicht hörbehinderten Kindern Lernprozesse, die denen hörenden Kinder entsprechen (wie Im Ausland vielfach bewiesen) und sorgt für eine spontane und entspannte Kommunikation.

Die Schrift- und, soweit als möglich, die Lautsprache wird gebraucht für die Alltags-, Bildungs-, und Arbeitswelt der hörenden Gesellschaft.

Die Gehörlosenschule in Neckargemünd ist grundsätzlich bereit, für das Jahr 2000 eine bilinguale Modellklasse einzurichten.

Am 21.11.1998 fand das erste Elterntreffen an der Staatlichen Schule für Gehörlose in Heidelberg-Nekkargemünd statt, mit dem Ziel, eine bilinguale Schulklasse auf den Weg zu bringen.

Insgesamt trafen sich neun überwiegend gehörlose Eltern. Sechs Familien kommen aus Bayern und drei aus Baden-Württemberg. Anwesend war auch der Rektor der Schule, eine DGS kompetente Lehrerin, eine gehörlose Erzieherin aus dem Internatsbereich, eine Dolmetscherin, eine gehörlose Erzieherin zur Betreuung der anwesenden Kinder sowie eine Rundfunksprecherin als Moderatorin.

Nach der persönlichen Vorstellung der anwesenden Eltern und Kinder und anschließender Besichtigung des Schulgeländes trafen sich die Anwesenden, um ihre Wünsche und Vorstellungen hinsichtlich eines bilingualen Schulversuches zu benennen. Die meisten Kinder der anwesenden Eltern wachsen seit frühester Kindheit mit der Deutschen Gebärdensprache auf. Alle Kinder der beantragenden Eltern sind altersgemäß entwickelt und in der Lage, fließend in der Gebärdensprache zu kommunizieren. Um diese positive Entwicklung weiterzuführen ist, nach übereinstimmender Auffassung und Überzeugung aller Eltern, für den weiteren schulischen Lebensweg ihrer Kinder ein bilinguales Unterrichtsmodell erforderlich, das im Wesentlichen folgende Merkmale aufweisen sollte:

- Die Wissensvermittlung im Schulunterricht erfolgt auf der Basis der Deutschen Gebärdensprache. Diese ist Unterrichtssprache. Die Gebärdensprache wird zur Informationsübermittlung verwendet als auch zum Reflektieren und Erörtern der Struktur der Schrift- und Lautsprache.

- Alle Pädagogen/innen einschließlich der Vertretungslehrerinnen, die in diesem Modell Lehrplaninhalte vermitteln, müssen fließend gebärden können (DGS).

- Einsatz von gehörlosen Lehrer/ innen, bzw. Lehrhilfskräften, die das Vorbild für den Erwerb und die Entwicklung der Gebärdensprache darstellen.

- Lautsprachtraining (Artikulations-training) ist als Unterrichtsfach obligatorisch. In gleicher Weise ist die Kultur und Geschichte der Gehörlosen Bestandteil des Unterrichts. Gehörlose sind nicht nur zweisprachig sondern auch bikulturell, da zwischen Sprache und Kultur ein grundlegender enger Zusammenhang besteht. Die Gebärdensprache vermittelt ebenso wie die Lautsprache wesentliche Einsichten in die Wahrnehmungs- und Erlebniswelt ihrer Sprachbenutzer.

- Gehörlose Erzieher/innen im Internatsbereich um eine altersentsprochende Kommunikation und Interaktion zwischen Erwachsenen und Kindern zu gewährleisten.

- DGS Dolmetscherdienste für Elternabende, Elterngespräche, etc.

- Die personelle und finanzielle Ressourcenausstattung soll einen bilingualen Schulversuch bis zur 10. Klasse gewährleisten.

- DGS Kurse für die Eltern.

Der Rektor der Staatlichen Schule für Gehörlose, Schwerhörige und Sprachbehinderte in Heidelberg- Neckargemünd unterstützt einen bilingualen Schulversuch. Ausgangspunkt für die Schule ist der Wunsch der Eltern nach bilingualer Förderung ihrer Kinder und ein vorhandener Bedarf für ein solches Unterrichtsmodell. Das Lehrerkollegium an der Gehörlosenschule in Heidelberg-Neckargemünd hat mit großer Mehrheit seine Bereitschaft erklärt, einen bilingualen Schulversuch mitzutragen, Für die Durchführung eines Schulversuches zum Schuljahr 2000 stehen bis jetzt zwei Pädagoginnen aus der Schule zur Verfügung. Aufgrund des Alters einiger Kinder besteht allerdings schon für das Jahr 1999 Bedarf für eine bilinguale Schulklasse als zusätzliches Angebot an der Gehörlosenschule in Heidelberg-Neckargemünd.

Anfang Januar 1999 haben die Eltern dieses Treffens einen Antrag für einen bilingualen Schulversuch beim Oberschulamt in Karlsruhe gestellt.

Kontaktadresse für weitere interessierte Eltern:

Joachim und MarIiese Latuske

Friedhofstraße 9, 79379 Müllheim

Tel. / Fax: 07631 / 172351

Ein sehr hoffnungsvolles Vorhaben!

Da die Lehrerschaft dieser Schule ihre grundsätzliche Bereitschaft zum bilingualen Schulkonzept erklärt hat, wird Neckargemünd wahrscheinlich den allerbesten Start bundesweit ermöglichen und nach wenigen Jahren an führender Stelle sein.

'sbw' ruft: "Glück auf!"