Aus "Sehen statt hören" vom 6. 9. 98:
Gewalt gegen Frauen

PRÄSENTATOR: Unser heutiges Thema ist "Gewalt gegen Frauen". Die Gewalttäter kommen aus allen sozialen Schichten, von ganz unten bis ganz oben in der Gesellschaft. Jedes Jahr flüchten 40 000 Frauen in die Frauenhäuser. Der Grund ist z. B., daß sie von ihren Männern geschlagen werden. Fast jede dritte Frau erlebt psychische, physische oder auch sexuelle Gewalt in der Ehe, im Elternhaus oder auch am Arbeitsplatz. Auch gehörlose Frauen sind davon betroffen. Wir haben Zahlen und Fakten gesammelt.

Frauen in Gewaltbeziehungen

1. Sexuelle Belästigung in Familie

Martina ODORFER:

Du hast schlechte Erfahrungen in deinem Leben gemacht. Kannst du mir davon erzählen?

Ich hatte es nicht einfach im Leben. Es war schlechte Verhältnisse.

Wir lebten in engen Räumen, eine 2-Zimmer-Wohnung mit sechs Personen.

Mein Vater hatte immer Lust auf Sex und hat das spüren lassen.

Eines Tages war ich erschrocken, weil er mir seinen erregten Penis zeigte.

Ich dachte was ist nun los. Es war ein richtiger Schock.

Erst dachte ich, es sei normal wie er mich anschaut, wenn ich mich anziehe.

Aber er hat immer wieder versucht mich anzufassen.

Z. B. wenn wir im Wald oder im Freien waren.

Er wollte mich anfassen und vergewaltigen, aber ich habe mich gewehrt.

Es hat nie geklappt, weil ich mich immer gewehrt nahe.

Ich habe gemerkt, daß das komisch ist. Ich fühlte mich nicht gut dabei.

Meine Mutter sagte mir immer: Sei vorsichtig mit den Männern.

Mädchen werden leicht vergewaltigt, sexuell mißbraucht usw.

Meine Mutter wußte nicht was mein Vater gemacht hat.

Wenn ich es ihr oder der Polizei gesagt hätte, hätten sie mich ausgelacht und mir nicht geglaubt.

Einem kleinen Kind glaubt man nicht. Man denkt es lügt.

Ich war dann 16 und dann kam auch noch mein Bruder.

Er hat auch mich versucht zu vergewaltigen und sexuell zu mißbrauchen.

Er legte sich zu mir ins Bett und faßte mich an.

Er versuchte es auch im Wald. Ich habe mich immer wieder gewehrt.

Für mich war das ganz schwierig. Was sollte ich nur machen?

Ich habe immer wieder zurückgedacht, was mein Vater mit mir gemacht hatte.

Was soll nur aus mir werden?

Wie ich mit 16 den ersten Freund hatte, haben die Beiden dann aufgegeben.

Wie sieht Dein Leben jetzt aus? Hast du eine Familie?

Ja, ich habe Familie, habe geheiratet. Es läuft ganz gut. Mein Mann hat viel Geduld mit mir. Er tröstet mich oft.

Er ist nicht so auf Sex aus. Das macht es mir leichter.

Was passiert ist, kann ich nicht vergessen, aber mich evtl. davon lösen.

Ich habe das Problem, daß ich meinen Sohn mit meinem Bruder vergleiche.

In mir sind die Bilder von früher, wie mein Bruder war.

Das spielt sich alles dann wieder ab. Da könnte ich ihn packen und hauen.

Da ist mir manchmal so danach zumute. Ich beim Psychologen.

Ich hatte Probleme mit der Kommunikation beim Ablesen vom Mund.

Es wäre einfacher gewesen, wenn ein Dolmetscher dabei gewesen wäre.

Es wäre leichter mit der Kommunikation gewesen.

Er gab mir dann den Ratschlag ich soll die Probleme aufschreiben.

Die Probleme aus der Seele schreiben.

Zuerst wollte ich nicht, weil ich dachte, das sei sinnlos.

Dann habe ich es doch gemacht. Alles aufgeschrieben und abgelegt.

Und wenn ich daran dachte, habe ich es aufgeschrieben und abgelegt.

So habe ich mich dann leichter gefühlt. Es ging dann aufwärts.

Ich konnte besser über die Probleme reden und es fiel mir leichter.

Aber vergessen kann ich die Erlebnisse nie. Es ist ein sehr langer Weg.

Vielleicht wird es irgendwann besser. Aber ganz weg geht es nie.

2. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Frau Odorfer:

Du hast schlechte Erfahrungen auf' dem Arbeitsplatz gemacht. Erzähl mal.

Ich arbeite mit Hörgeschädigten zusammen und da war einer dabei, der versucht hat, mich anzugrapschen und Spielereien mit mir zu machen.

Er hat mich an der Brust und Schulter angefaßt, auch verbal belästigt.

So im Nachhinein fühle ich mich richtig gedemütigt.

Kannst du mir sagen wann es angefangen hat?

Ja, ungefähr vor 7 Jahren.

Und wie lang ging das?

1-2 Jahre. Am Anfang war das weniger, wurde aber immer mehr.

Bis ich vor Wut geplatzt bin, weil mich das so belastet hat.

Was hast du dagegen gemacht?

Ich habe lange Zeit überlegt: Was soll ich machen? Soll ich zum Meister gehen und ihm sagen was los ist?

Wahrscheinlich hätte er gesagt: nicht so schlimm!

Eines Tages war ich sehr traurig. Ich ging ins WC und hatte einen Weinkrampf.

Da dachte ich, jetzt ist Schluß! Ich kann nicht mehr.

Ich hatte einen blauen Fleck an der Schulter und dachte:

Jetzt melde ich das! Ich bin dann zum Chef gegangen und habe es gezeigt.

Der hat den Meister gerufen. Ich habe ihm alles gesagt.

Daß ich das nicht möchte und nicht mehr aushalten kann.

Was hat dein Chef dagegen unternommen?

Der Chef konnte ihn nicht von heute auf morgen aus der Firma werfen. Er hat erst versucht, ihm einen anderen Arbeitsplatz zu beschaffen, da er ja behindert ist und nicht so einfach entlassen werden konnte.

So lange mußte gewartet werden. Nach einem halben Jahr hat das geklappt.

Moderation von Martina Odorfer:

Wir sind beim 3. frauenpolitischen Seminar der Gehörlosen in Würzburg.

Das Thema hier ist: "Frauen in Gewaltbeziehungen".

Ursula Hennecken, Frauenhaus Würzburg

Wir kennen die allg. Vorstellungen: Mann und Frau ergänzen sich.

Gegensätze ziehen sich an. Genährt werden diese Bilder durch Medien, Literatur und Religion. Auch heute wird das durch Fernsehfilme verstärkt.

Nach der Heirat verändert sich oft das Verhalten des Mannes.

Er zeigt, daß er eifersüchtig und besitzergreifend ist.

Die Frau deutet dies anfangs als ein Zeichen seiner Liebe zu ihr.

Seinen ersten Wutausbruch oder seine erste Ohrfeige deutet sie als einmaligen Ausrutscher seinerseits, weil er ja sonst so nett und lieb ist.

Sie verzeiht ihm und er verspricht, es nie wieder zu tun.

Die erste Hemmschwelle ist aber mit der ersten Ohrfeige überschritten.

Er sagt ihr, es habe schließlich an ihr gelegen, sie habe ihn so gereizt, weil sie dies oder das gemacht hat. Einen Grund gibt es immer.

Sie achtet künftig darauf, dies zu lassen, denn sie fühlt sich dafür schuldig.

Er hat auf diese Art vermieden. die Verantwortung für sein Schlagen oder Würgen zu übernehmen, indem er ihr die Schuld gibt, - ein wichtiger Schritt in der Entwicklung von Gewalt.

Filmausschnitt:

Es war doch Liebe...,

Sozialdienst kath. Frauen, Bayern 1994.

Warum nach so langer Zeit noch mal ein Kind?

Weil ich gedacht habe, vielleicht wird er dann wieder gerechter.

Das Gegenteil war der Fall. Er hat noch mehr getrunken, mir öfter eine geschmiert, daß ich ins Eck oder aufs Bett gefallen bin.

Dann sagte ich: Ich geh weg, aber er wollte mir die Kinder wegnehmen.

Ich dachte, ich muß hier bleiben. Ich kann nicht die Kinder allein lassen.

Frau Henneken:

Wird die Frau schwanger, beginnt er sie stärker zu mißhandeln, denn er ist jetzt bereits eifersüchtig auf das Kind.

Sie weiß nicht was sie machen soll, denn sie mag ihn noch immer, ist inzwischen von ihm psychisch und wirtschaftlich abhängig.

In dieser Zeit beteuert er nach jedem Gewaltausbruch, er werde es nicht wieder tun und bittet sie um Verzeihung.

Sie ist überzeugt, daß er sie trotz allem liebt, aber nicht anders kann.

Und dann findet die Frau neue, beschönigende Entschuldigungen.

Sie ist überzeugt, daß er nicht anders kann, und findet neue Entschuldigungen.

Es hat bereits eine schleichende Isolierung des Paares eingesetzt.

Er kontrolliert was sie tut. Mit wem sie telefoniert und Kontakt hat, über was sie spricht, wieviel Geld sie für was ausgibt.

Er vergrault durch sein aggressives Verhalten ihre Verwandten und Freunde.

Ihre Scham bewirkt, daß sie über das, was er ihr antut, schweigt.

Ein solcher Gewaltprozeß vollzieht sich über Jahre und ist schleichend.

Ein Entkommen daraus ist für die Frau, als Opfer, langwierig und schwierig.

Ca. 7 Jahre kann es bei mißhandelten Frauen dauern, bis sie sich trennen.

Frau Henneken:

Wie kommt die Frau an ihre persönlichen Sachen und die ihrer Kinder, da ihr Mann die Sachen nicht freiwillig herausgibt?

Also, das sind auch ganz häufige Erfahrungen von uns.

Oft kommen die Frauen mit zwei Plastiktüten.

Wir müssen die Sachen mit Polizeischutz rausholen.

Vorher eine gütliche Trennung ist meist nicht möglich.

Der Mann tauscht das Schloß aus, damit die Frau nicht mehr reinkommt.

Diese Ängste sind berechtigt. Herausgabe persönlicher Sachen.

Frage einer Teilnehmerin:

Wie sieht das finanziell im Frauenhaus aus

Frau Henneken:

Wenn sie kein eigenes Einkommen hat, hat sie Anspruch auf Sozialhilfe. für sich und die Kinder, sofort ab dem ersten Tag.

Frage einer Teilnehmerin:

Wenn ich mich mitten in der Nacht entscheide, meinen Mann zu verlassen und die Koffer zu packen, ist es sicher, daß ich einen Platz bekomme?

Frau Henneken:

Das wird vorher besprochen. Die Frau muß immer vorher anrufen.

Wenn unser Frauenhaus in Würzburg voll ist, kann sie in ein anderes gehen oder, wenn möglich, erst mal bei Freunden, Verwandten wohnen, bis bei uns etwas frei wird.

Wenn das nicht geht, kann es sein, daß sich die Frau entscheidet, noch so lange zu Hause zu bleiben, bis ein Platz frei wird.

Frage einer Teilnehmerin:

Man redet viel über die Probleme der Frauen. Was ist mit den Kindern?

Frau Henneken:

Die Kinder aus solchen Beziehungen sind auch mißhandelte Kinder.

Wenn sie mit der Mutter zu uns kommen, erleben wir das immer wieder. Je früher die Frauen sich aus der Gewaltbeziehung lösen, desto größer ist die Chance der Kinder, andere Vorbilder zu erleben.

Poster "Papa machts doch auch". So würde ein Kind es sagen.

Filmausschnitt Angst

Teil A:

Fremder Gehörloser

Damals war ich siebzehn Jahre alt. Ich war bei Freunden zu Besuch.

Wir haben gefeiert den ganzen Abend, dann habe ich leider den Zug verpaßt.

Ich habe überlegt, was ich machen soll und habe den Freund gefragt, ob ich dort übernachten kann. Er sagte: Das ist kein Problem.

Ich würde ein Zimmer für mich alleine bekommen.

Gut, da habe ich mich dann hingelegt und bin eingeschlafen.

Mitten in der Nacht hatte ich das Gefühl, Fremder sei im Raum und versucht, mich zu vergewaltigen. Ich wußte nicht was los ist.

Ich wußte auch nicht, ob es ein Hörender oder Gehörloser ist.

Ich versuchte zu schreien und habe gekämpft u mich gewehrt. 1/2 Std. lang.

Endlich hat er aufgehört, ging zur Tür und machte das Licht an.

Da habe ich gesehen, daß es ein GL war, und ich war fürchterlich geschockt, weil er versucht hat, mich zu vergewaltigen. Das war schlimm.

Teil B:

Ehemann

Viel später habe ich einen anderen Mann kennengelernt und geheiratet. Wir waren schon 5 Jahre verheiratet. Wenn er abends aus war, hat er gerne mal einen getrunken.

Eines Abends war es dann so, daß ich schon im Bett war.

Im Prinzip mußte ich dasselbe wie früher noch einmal erleben.

Ich lag im Bett - tief eingeschlafen und wieder habe ich gemerkt:

Jemand will mich vergewaltigen.

Ich habe mich gewehrt und fühlte mich erinnert das erste Erlebnis damals, wo ich nicht wußte, wer das ist. Und diesmal war es mein Mann.

Es war so schlimm. Ich habe versucht, mich zu wehren und habe gekämpft.

Und schließlich gab es sogar Schläge. Ich war total geschockt.

Mein eigener Mann hat mich geschlagen.

Es war fürchterlich.

Frau Odorfer:

In Deutschland gibt es keine Statistik wieviele Hörbehinderten Frauen Opfer von sexueller Gewalt sind.

Untersuchungen im Ausland zeigen, daß behinderte Frauen und Mädchen sehr stark von sexueller Gewalt betroffen sind, besonders Gehörlose.

Frau Haubner, Sie sind Rechtsanwältin. Gibt es einen Schutz durch Gesetze?

Petra Haubner, Rechtsanwältin:

Das Grundgesetz der BRD gewährleistet das Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit und Freiheit. Dazu gehört auch das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung.

Niemand hat das Recht Sie körperlich zu mißhandeln, zu vergewaltigen, sexuell zu mißbrauchen oder zu belästigen.

Auch die Vergewaltigung in der Ehe ist strafbar.

Ich möchte alle betroffenen Frauen ermutigen, sich zu wehren.

Frau Odorfer:

Welche Beratungsstellen gibt es für betroffene Frauen?

Petra Haubner:

Ich würde den gehörlosen und hörgeschädigten Frauen und Mädchen empfehlen, sich in regionalen HG-Gruppe (Gehörlosenvereinen) zu treffen, um aus der Isolation herauszukommen.

Die Anlaufstellen sind Frauenhäuser und Notrufe. Die Adressen erhält man bei jeder anderen Beratungsstelle. Kontakt geht über Post oder Fax.

Die Beratung ist kostenlos. Die Mitarbeiterinnen sind schweigepflichtig.

Betroffenen wird Unterstützung angeboten, ohne sie zu bevormunden.

Dann weiß ich, daß viele Frauen wenig Wissen über ihre Rechte haben.

Ich empfehle jeder betroffenen Frau eine Anwältin zu befragen, die Erfahrung im Bereich körperliche Gewalt gegen Frauen hat.

Deren Adressen sind auch beim Frauenhaus oder Notruf zu erfragen.

Die Anwältin kann dann die Frau individuell über ihre Rechte beraten.

Frau Odorfer:

Wie hoch sind die Kosten für eine Rechtsberatung?

Petra Haubner:

Frauen, die über wenig Geld verfügen können Beratungshilfe und Prozeßkostenbeihilfe beantragen. Die Kosten zahlt dann die Staatskasse.

Die Anwältin muß das wissen, dann kann sie den Antrag dafür stellen.

Für Frauen, die über mehr Geld verfügen ist es so, daß eine erstmalige Beratung nicht teurer sein darf als 350 DM.

Frau Odorfer:

Vielen Dank für das Interview.

Im Notfall gibt es eine bundesweite Schreibtelefonnummer.

Bericht: Angela Michel

Moderatorin: Martina Odorfer

Dolmetscherinnen: Marion Rexin, Sabine Goßner

PRÄSENTATOR: Die Gewaltopfer bekommen vom Staat eine gewisse Unterstützung. Zuständig dafür ist das Amt für Versorgung und Familienförderung. Es übernimmt die Kosten für Heil- und Krankenbehandlungen. Das kann bis zur Entschädigungsrente gehen. Die Hauptfürsorgestelle ersetzt nur materielle Schäden. Nicht nur die Frauen, die Gewalt erfahren haben, werden zerstört, auch die Männer. Wenn die Frau mit ihren Kindern flüchtet, ist auch der Mann psychisch betroffen. Deshalb ist es wichtig, daß beide Hilfe bekommen. 


 

Wortwörtlich

Lehrer: Spitze deine Ohren!

Schüler: Das wäre Körperverletzung!

Unverkäuflich

Lehrer: Du brauchst mehr Sitzfleisch!

Schüler: Der Metzger hat keines!

Verwechslung

Lehrer: Kannst du jetzt das Abc?

Schüler: Ja bis hundert!

Mißverständnis

Lehrer: Morgen fahren wir fort!

Schüler: Prima! Wohin denn?

Schlaumeier

Lehrer: Fritzchen, warum hast du dir eine Glatze scheren lassen?

Schüler: Damit sie mich nicht an den Haaren ziehen können!

Ungeliebt

Lehrer: Du ärgerst mich noch zu Tode! Schüler: Darauf warte ich jeden Tag!