'Der barmherzige Samariter" - CD ROM für gehörlose Kinder 

Die evangelische Gehörlosenseelsorge Bayern hat in Zusammenarbeit mit der Rödl Mitarbeiterstiftung Kindernothilfe e.V. und der Firma Intermedien, eine CD ROM für gehörlose Kinder entwickelt. Diese CD ROM ist speziell auf die Bedürfnisse gehörloser Kinder ausgerichtet, kann ebenfalls von schwerhörigen Kindern und hörenden Geschwisterkindern genutzt werden. Projektleitung haben Iris Ricke (gl, Sonderpädagogin, Gebärdensprachkursleiterin) und Joachim Klenk (Gehörlosenjugendpfarrer für Bayern, Religionspädagoge). Zum Team gehören ebenfalls Angela und Ralf Michutta (Öffentlichkeitsarbeit), Jutta Blüml (Gehörlosenpädagogin, LBG Übersetzung) und Berater/ innen wie z.B. Margit Hillenmayer aus München, Evi Uding aus Bamberg und Godo Ricke aus Nürnberg.
 

Lebendiges Lernen mit Niveau

Gehörlose(gl) und schwerhörige (sh) Kinder sollen das Land Israel kennenlernen', so wie die Menschen heute leben und wie sie zur Zeit Jesu gelebt haben. Dann sollen die Kinder die biblische Geschichte vom "barmherzigen Samariter" kennenlernen und erleben. Weiterhin gibt es einen speziellen Fragemechanismus (immer wieder erscheint ein '?' und die Kinder müssen Sachfragen beantworten), es gibt eine Lügengeschichte (die Kinder müssen falsche Informationen herausfinden) und ein Computerspiel, das mit dem Land Israel und der Geschichte vom barmherzigen Samariter zu tun hat. Die Kinder sammeln dabei sog. Smilies (= K , sprich smail). Beantwortet das Kind z. B. eine Frage richtig, bekommt es einen lachenden Smilie (= J ). Ist die Antwort falsch, bekommt es einen traurigen Smilie (= L ). So kann das unterschiedliche Niveau der Kinder gesteuert werden. Fotos, gemalte Bilder und Animationen (bewegte Bilder) werden in einem Videoausschnitt auf dem Bildschirm erklärt. Die Videoaufnahmen sind dabei von Profis gemacht. Das Kind (oder der Pädagoge, die Eltern etc.) kann zwischen DGS und LBG wählen.

Die Kommunikation - andersrum

Zunächst eine kurze Erklärung: Die DGS Erklärungen in der CD ROM lehnen sich an die Münchener und süddeutsche Tradition an. Iris Ricke hat zur Auswahl der DGS Gebärden und Gebärdensequenzen (Satzteile, Idiome etc.) eine genaue Beschreibung geschrieben, die im nächsten Heft von "Hörgeschädigte Kinder" zu lesen ist. Die LBG Einzelgebärden sind mit den DGS Einzelgebärden gleich, nur in der Satzstruktur werden sie anders zusammengesetzt da die LBG sich an der deutschen Lautsprache orientiert. Auch dazu mehr in Hörgeschädigte Kinder. Was ist aber anders? Häufig werden in CD ROM Produktionen ein Text in deutscher Schriftsprache verfaßt und dann in LBG übertragen bzw. in DGS übersetzt. In unserer CD ROM ist es anders. Wir haben überlegt wie eine Information oder Erklärung gut in DGS gebärdet werden kann. Es wurde also die DGS Version "geschrieben". Erst dann haben wir in Schriftsprache übersetzt und diese in LBG übertragen. Der Ansatz ist also die DGS gewesen. So konnten wir sehr flexibel mit Texten und Erklärungen umgehen.
Technische Umsetzung – eigene Speicherdateien

Die technische Umsetzung war z.T. sehr schwierig. Im einzelnen bitten wir den Artikel in Hörgeschädigte Kinder zu lesen. Hier nur soviel für den Laien: Nehmen wir ein Bild, damit wir besser verstehen können. Wir haben nicht versucht einen Mercedesmotor in einen VW zu stecken. Ziel war es, Motor und Karosserie anzupassen. D. h. es wurde zum Konzept eine eigene, rechtlich geschützte Dateientwicklung umgesetzt die schnell und problemlos arbeitet. In Zukunft wird es relativ einfach sein neue Bilder und Fremdsprachenübersetzungen einzuspeichern, so daß die hohen Entwicklungskosten sich hoffentlich auszahlen werden. Deshalb ist es uns auch wichtig die CD ROM im Internet und auf dem Gehörlosen-Weltkongreß vorzustellen. Die CD ROM ist für PC und Apple Benutzer erstellt.
Voraussetzungen: 16 M Byte RAM, 800 mal 600 Auflösung, 32768 Farben, Maus, Windows PC unter Windows 95, Soundkarte oder einen Apple ab System 7.

Finanzierung - Mut zum Risiko

Machen wir es kurz: Geplant waren ca. DM 20.000,-. Schon bald war klar, das ist ein Traum. DM 100.000,- sind realistisch und das, obwohl alle Beteiligten für ein geringes Honorar mitgemacht haben bzw. überhaupt kein Honorar erhalten haben. Das Projekt sollte auch kein kommerzielles Projekt sein, sondern durch den Verkauf der CD ROM Geld eingenommen werden, mit dem neue Projekte konkret umgesetzt werden können. Also, wie an Geld kommen? Die bayerische evangelische Landeskirche hat sich mit DM 20.000,- beteiligt und das, obwohl die Kirche sparen muß. Ein großes Lob. Weitere DM 20.000,- hat die Stiftung Kindernothilfe e.V. aus Nürnberg gegeben. Ca. DM 13.000,- sind bei einem Galaabend im Cinecitta in Nürnberg (großer Kinocenter) eingenommen worden, der unter der Schirmherrschaft von MdB Frau Dagmar Wöhrl (ehemalige Miss Germany) stand und von Angela und Ralf Michutta perfekt organisert war. Der Rest? Ein Idee von Joachim Klenk sicherte das Projekt: Patenschaften! Privatpersonen, Firmen und Institutionen konnten eine Patenschaft übernehmen und eine oder mehrere CD ROMs kaufen, um das Projekt vorzufinanzieren. Der Erfolg hat alle überrascht. In ca. 3 Monaten hatten wir das Geld organisiert.

Ziel - Niveau, Leistungsförderung und Kreativität

Die CD ROM ist eine Art Herzstück von einem Medienpaket. Dazu wird es ab Frühjahr 1999 einen "Medienkoffer" mit Kopienvorlagen, Puzzles und anderen Dingen für den Unterricht und zu Hause geben. Mit der CD ROM können die Kinder eine interessante Form des kreativen Lernens ausprobieren. Dabei werden die Kinder gefordert, je nach Niveau. Sie müssen Fragen beantworten, sie erhalten Informationen zu insgesamt ca. 90 Fotos und Bildern, sie erleben multimedial eine biblische Geschichte (bewegte Bilder), Kurz: sie müssen mit der CD ROM arbeiten. Dabei ist ein Mechanismus eingebaut, so daß die Kinder nicht einfach weitermachen können. Sie müssen in jedem Abschnitt eine bestimmte Punktzahl erreichen, um weiterzukommen. Die Anzahl der Punkte gibt der Pädagoge ein, so daß Kinder mit unterschiedlichem Niveau und unterschiedlichen Alters die CD ROM benutzen können. Die Inhalte der CD ROM sind mit einer schwerhörigen und einer gehörlosen Klasse in 3 Jahren von Joachim Klenk erarbeitet und getestet worden.

Zielgruppe - nicht nur Kinder

Die CD ROM ist für gehörlose Kinder gemacht die im Grundschulalter in die 3.-5. Klasse gehen. Teile der CD ROM können von kleineren und größeren Kindern auch benutzt werden. Schwerhörige Kinder können die CD ROM ebenfalls gut benutzen. Für hörende Geschwisterkinder ist sie auch geeignet, so auch für hörende Eltern. Dazu kommen noch die Pädagogen und Fachleute. Den Erwachsenen soll mit dieser CD ROM ein Produkt vorgestellt werden, das den Anforderungen des Hörgeschädigtenbereichs in der Zukunft zumindest ansatzweise gerecht werden soll. D.h. wir haben versucht, Qualität zu entwickeln und so ist die lange Entwicklungszeit von 2 Jahren zu erklären.

Informationen - Bestellungen - Beratung

Informationen und Bestellungen laufen zunächst über die Rödl Mitarbeiterstiftung Kindernothilfe e.V., Äußere Sulzbacher Str. 100, 90491 Nürnberg, Fax 0911 / 9193900.
Bestellungen sind ab Juli 98 möglich. Lieferung erst im Oktober/ November 98.
Beratung zur CD ROM erhalten Sie über die ev. Gehörlosenseelsorge Nürnberg, Narzissenweg 26, 90451 Nürnberg, Fax 0911 / 6492663 bzw. Tel / ST 0911/ 6494085.
Die CD ROM wird im Oktober 98 offiziell in Nürnberg vorgestellt und in den darauffolgenden Monaten an anderen Orten. Gerne kommen wir auch zu Gruppen und Interessenverbänden zur Vorstellung und Diskussion. Bitte kommen Sie auf uns zu. Ab November 98 ist die CD ROM auch über den Buchhandel zu bestellen.

Joachim Klenk,
Gehörlosenjugendpfarrer für Bayern
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