"DGS ohne Mundbild"? - Ein doppelter Denkfehler!

 
Zur Vorgeschichte:

Im "Sprachrohr" 2/98 vom Landesverband der Gehörlosen Hessen e.V. stand ein Bericht über das Theaterstück "Gottes vergessene Kinder", in dem auch die Schauspielerin Marion Kracht gespielt hat. Zusätzlich hat der Autor "B.W." darin eine Kritik geübt und behauptet, daß am Frankfurter Kath. Gehörlosentheater den zu spielenden Gehörlosen die Mundbewegungen "verboten worden sind". Davon folgt ein gekürzter Auszug.

Als Zweites liegt die Antwort von der Kath. Gehörlosenseelsorge auf obigen Artikel vor.

Als Drittes kommt die Erwiderung von Bernd Werner auf das Schreiben der Kath. Gehörlosenseelsorge.

Als Viertes folgt ein Leserbrief eines bekannten Frankfurter zu obigen Fällen.

Und zuletzt 'selbstbewußt werden'- Kommentar.

Erstens:

Theaterabend in der Stadthalle Hanau

(B.W.) Am 19. Dezember 1997 ging eine Gruppe Von Gehörlosen in die Stadthalle von Hanau, um das Theaterstück "Gottes vergessene Kinder" zu sehen. Viele kennen den gleichnamigen Film aus den USA (mit der gehörlosen Marlee Matlin).

Was wir erlebten und sahen, war mehr als wir erwartet haben. Marion Kracht spielte ihre Rolle als Gehörlose hervorragend. Ihre Gebärden waren voller Ausdruck und Mimik und wir konnten alles ohne Gebärdensprachdolmetscher verstehen und waren total begeistert. Die Gebärdensprache erlernte Marion Kracht in Berlin in einem Gebärdenkurs.

Dieses Stück ist auch ein Stück aus unserem Leben, denn noch heute müssen wir Gehörlose uns noch von vielen Lehrern, Erziehern und Ärzten belehren lassen, daß nur das laute Sprechen wichtig für uns ist. Wir aber wollen unsere Gebärdensprache; die Gebärden mit Hand- und Mundbewegungen. Dies ist unsere Kommunikation, unser Leben.

Und nun kommt neue Gefahr, denn man versucht an der Uni Frankfurt und auch beim Frankfurter Gehörlosentheater, sowie den Gottesdiensten, uns Gehörlosen die Mundbewegungen zu verbieten.(!) Also nur Hand-Bewegungen und Gesichtsmimik sind erlaubt, wie bei den Affen. Und aus Gehörlosen werden so Taubstumme wie vor 200 Jahren. Das wollen wir nicht, denn wir Gehörlose sind auch Menschen.

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Zweitens:

Die Antwort von der Katholischen Gehörlosenseelsorge,

Vilbeler Str. 36 - 60313 Frankfurt/M in Zusammenarbeit mit:
Johann Wolfgang Goethe Universität FrankfurtIM Institut für Deutsche Sprache und Literatur II, Linguistische Abteilung Prof. Dr. Helen Leuninger, Gräfstr.76, 60486 Frank- furt/M

An die

Redaktion "Sprachrohr"

Rothschildallee 16a

60389 Frankfurt am Main, den 9.2.98

Betreff: Gegendarstellung zum Artikel "Theaterabend in der Stadthalle Hanau" in "Sprachrohr" 2/98

Sehr geehrte Damen und Herren der Redaktion "Sprachrohr",

hiermit bitten wir um Veröffentlichung dieser Gegendarstellung im nächsten "Sprachrohr".

Der Autor "B.W." schreibt in "Sprachrohr" 2/98 auf Seite 14 f:

"Und nun kommt neue Gefahr, denn man versucht an der Uni Frankfurt und uns Gehörlosen die Mundbewegungen zu verbieten (!)".

An der Johann Wolfgang Goethe-Universität wird Sprache erforscht. DGS wird dort auch erforscht. Sprachforschung bedeutet: Sprache untersuchen. Sprachforschung bedeutet nicht: Sprache erfinden. Die DGS wird untersucht. Die DGS wird nicht verändert. Sprachforscher erklären die Regeln und die Grammatik der Sprache DGS.

Jede Sprache hat Regeln. Wie ist eine Sprache zusammengesetzt? DGS ist aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt: Handform, Handstellung, Ausführungsstelle und Bewegung.

Zu diesen Regeln gehört NICHT das Mundbild (Wortmundbild).

Die Sprachforscher und die Gebärdenkursleiter vom PAX haben andere Gehörlose gefragt:

Gebärdensprache ohne Mundbild - ist das möglich?

Niemand hat gesagt: Mundbild ist verboten.

Leider haben einige Gehörlose die Frage falsch verstanden und behaupten jetzt: Die Sprachforscher von der Uni Frankfurt verbieten das Mundbild. DAS IST FALSCH!

POESIE (= Dichtung. Lyrik Die 'sbw'-Schriftl.)- NEIN DANKE????
Jede Sprache hat 2 Aufgaben:

    1) Information, Wissen vermitteln

    2) Poesie, Kultur einer Sprachgemeinschaft zeigen.

Gottesdienste und kulturelle Veranstaltungen (z. B. Theater) sollen ästhetisch (schön) sein. Gebärdensprache war lange unterdrückt. In den letzten Jahren entwickeln verschiedene Gehörlosen-Gruppen eine Gebärdensprachkultur und Poesie.
Das tun wir auch in unseren Gottesdiensten (Gebärdenchor) und Theater (Der Talisman).

Eine Kultur ist immer selbständig. Die Gebärdensprachkultur (visuelle Kultur) ist unabhängig, vom physischen Sprechen und deshalb: Gebärdensprachkultur braucht kein Mundbild. Wir bevorzugen in Gottesdiensten und kulturellen Veranstaltungen deshalb diese poetische Form der DGS.

Viele Gehörlose sagen: Wir verstehen DGS ohne Mundbild nicht. Aber das ist nicht ganz richtig. Gehörlose sind die Poesie nicht gewohnt. Gehörlose sind nicht gewohnt, einen poetischen Text zu sehen.

Poetische Texte können nur kognitiv (durch Verstehen) erfaßt werden. Poetische Texte muß man genießen und die Schönheit auf sich wirken lassen.

Wir verstehen nicht, warum der Verfasser von dem Artikel "Theaterabend in der Stadthalle Hanau" in "Sprachrohr" 2/98 gerade die Aufführung von "Gottes vergessene Kinder" sehr lobt. Marion Kracht hat 2 1/2 Stunden OHNE MUNDBILD gespielt.

Inhalt von Gottes vergessene Kinder:

Die visuelle Kultur der Gehörlosen überlebt auch die schlimmsten oralen Angriffe. Sarah Norman (Marion Kracht) ist die Verkörperung des selbstbewußten gehörlosen Menschen, der stolz auf seine Kultur ist. Dadurch gewinnt Sarah Norman die Liebe von Janies Leeds (Siemen Riihaak).

Der große Beifall am Ende der Rüsselsheimer Aufführung (viele Leute sind aufgestanden und haben sehr geklatscht und gewunken) und der große Anteil an gehörlosen Theaterbesuchern zeigt:
Die Botschaft des Theaterstücks wurde verstanden. (Anmerkung der 'sbw'-Schriftleitung: Für die Hörenden wurden die Gebärden gleichzeitig komplett übersetzt.)

Wir vermuten: Der Verfasser des Artikels "Theaterabend in der Stadthalle Hanau" in "Sprachrohr" 2/98 hat den Inhalt des Theaterstücks gründlich mißverstanden.

Wir bitten in Zukunft um eine sachliche und objektive Auseinandersetzung.

Prof. Dr. Helen Leuninger

Lehrstuhl für germanistische Linguistik an der JWG-Universität Frankfurt/M, Vorsitzende der Gesellschaft für Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser, Leitung der Gebärdensprachforschung in Frankfurt/M

Dr. Annette Hohenberger,

Mitarbeiterin im Projekt "Sprachproduktion in DGS" der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Daniela Happ,

Mitarbeiterin im Projekt "Sprachproduktion in DGS" und Leiterin des Gebärdenchors im PAX

Susanne Glück,

Mitarbeiterin von Prof. Dr. Helen Leuninger, Mitarbeiterin in der Gebärdensprachforschung, Schwerpunkt Morphologie

Roland Pfau,

Mitarbeiter von Prof. Dr. Helen Leuninger, Mitarbeiter in der Gebärdensprachforschung, Schwerpunkt Morphologie

Heike Doussier,

Referentin von Prof. Dr. Helen Leuninger, Mitarbeiterin in der Gebärdensprachforschung

Elke Menges,

Gebärdenkursleiterin und Leiterin der Jugendtheatergruppe im PAX

Thomas Gold,

Mitarbeiter in der DGS-Forschung an der JWG-Universität Frankfurt, Gebärdenkursleiter im PAX

Benno Houver,

Gebärdenkursleiter im PAX

Pater Amandus Hasselbach,

Diözesangehörlosenseelsorger und Leiter des Kath. Gehörlosentheaters PAX

Christina Kupczak,

Sozialpädagogin, Mitarbeiterin im Katholischen Gehörlosentheater PAX

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Drittens:

Antwort von Bernd Werner:

An die Redaktion "Sprachrohr" Rothschildallee 16a, 68389 Frankfurt am Main

Hanau, den 18. März 1998

Betreff: Gegendarstellung über die Stellungnahme von der Gehörlosenseelsorge "PAX"

Die Stellungnahme auf meinen Bericht vom Theaterabend in Hanau mit den vielen Unterschriften von hörenden Professoren, hörenden Doktoren und einigen Gehörlosen, darunter auch Spätertaubten, zeigt eines genau: Jeder, der sich gegen eine DGS ohne Mundbild ist, soll klein gemacht werden und die anderen Gehörlosen dazu. Ich bin derjenige, der die Sorgen der Gehörlosen wegen der DGS ohne Mundbild unterstützt. Die Gehörlosen haben Angst, selbst was zu machen und sind froh, daß jemand ohne Angst versucht, die Gehörlosen zu schützen. Aus vielen Begegnungen mit Gehörlosen weiß ich, daß eigentlich alle Gehörlosen vonn Natur aus gegen die DGS ohne Mundbild sind. Wenn alle Gehörlosen per Fax oder persönlich gegen die DGS ohne Mundbild protestieren würden, dann sieht alles anders aus. Warum laßt Ihr Euch alles von den Hörenden gefallen? Nur die Gehörlosen vom "PAX" sind dafür, weil sie dort beeinflußt werden. Diese Leute sind jetzt überall mit dabei und mischen überall mit ein, ob beim Bayerischen Fernsehen bei "Sehen statt Hören" oder in der Gesellschaft für Deutsche Gebärdensprache mit besten Verbindungen zu Kirche und Politik. Alles eine starke Gemeinschaft und nicht zum Vorteil der Gehörlosen.
In "Sehen statt Hören" haben alle sehen können, wie das ist, wenn man ohne Mundbild gebärdet. Im Dinner for one" (Sendung vom 14. 2. 1998) war es langweilig und es gab nichts zu lachen. Für viele Gehörlose war es ein Schock. So wollen die Gehörlosen nicht sein. Im Theaterstück in Hanau mit der Schauspielerin Marion Kracht war es so: Sie durfte als Hörende nicht sprechen, denn dann kann sie nicht gut eine Gehörlose spielen. Ich gebe zu, etwas oberflächlich über den Theaterabend berichtet zu haben. Die Botschaft war aber klar: Keine Einmischung von Hörenden bei Versuchen, etwas an der Gebärdensprache zu verändern, also nicht zu ohne Mundbild oder zu mehr Sprechen. Die Figur der Sarah Norman (Marion Kracht) stand für großes Selbstbewußtsein und regte sich immer wieder auf, wenn etwas gegen ihre Gebärdensprache getan werden sollte. Die Gehörlosen waren selbst begeistert, weil sie für die Gebärdensprache gegen die Einmischung von Hörenden gekämpft und auch gewonnen hat. Das "PAX" versucht da, den Sieg der Sarah Norman für ihre Gebärdensprache ohne Mundbild zu werben. Darauf dürfen die Gehörlosen nicht hereinfallen! Hinterher hatten wir die Gelegenheit, mit Marion Kracht zu unterhalten - und sie hat mit Gebärden und Mundbild getan, viel besser als einige Sprachforscher.
Sprache erforschen ist immer gut. DGS erforschen ist toll, aber bitte nicht gleich die Gehörlosen bevormunden und zu Taubstummen machen. Bitte nicht gleich erklären, daß die DGS ohne Mundbild die Sprache der Gehörlosen ist. Die Gehörlosen sollen selbst untereinander klären, ob sie die Gebärdensprache ändern wollen, verbessern wollen. Aber bitte nicht von oben herab mit einer großen Gruppe von Hörenden, Spätertaubten und gehörlosen Mitläufern von der Universität Frankfurt oder vom "PAX". Gehörlose sind auch keine Versuchskaninchen für die Gebärdensprachforschung ("DGS ohne Mundbild - geht das?"). Diese Sprachforscher der DGS sind mit Ägyptenforscher zu vergleichen. Der Ägyptenforscher kann die über 3000 Jahre alten Schriftzeichen entziffern, weiß aber trotzdem wenig über das Leben der Ägypter von früher. Genauso ist das mit den Sprachforschern der DGS. Die erforschen die DGS, was bestimmt nicht leicht ist, entdecken aber, daß ohne Mundbild viel besser läuft. Wieso das? Unter den Sprachforschern gibt es viele, die erst seit einigen Jahren Kontakt mit Gehörlosen haben und angeblich schon die Seele der Gehörlosen kennen. Die Gehörlosen sind doch froh, wenn sie etwas sprechen können. Das hilft sehr beim Kontakt in der Familie, in der Verwandtschaft, bei Kollegen auf der Arbeit und bei Kontakten zu Hörenden und Schwerhörigen. Ohne Mundbild hat kein Gehörloser eine Chance auf die Arbeit. Ohne Mundbild wissen die Gehörlosen nicht, wie bestimmte Dinge gesprochen und geschrieben werden. Nichts! Wie ein kleines Kind. Das ist nicht schön. Die Gehörlosen wollen gut dastehen in der Öffentlichkeit. Immer mehr Hörende haben durch Filme, Zeitungsberichte und auch durch bekannt gewordene sportliche und berufliche Erfolge der Gehörlosen selbst Interesse an den Gehörlosen gefunden. Nun kommt das: Gebärden ohne Mundbild! Wir sind keine sprachlosen Ausländer.
Die DGS soll bald anerkannt werden, das ist schön. Vor allem die Universität Frankfurt hat viel daran gearbeitet. Aber bitte warum einen Antrag auf Anerkennung der DGS beim Landtag in Wiesbaden stellen, ohne den Landesverband der Gehörlosen zu fragen? Nur der Landesverband und die Gehörlosenvereine sind Vertreter der Gehörlosen, nicht die Universität Frankfurt oder die Gehörlosenseelsorge "PAX". Das ist Bevormundung! Gehörlose wissen nur wenig davon und schon wird über den Köpfen der Gehörlosen bestimmt. Bei der Diskussion am 30. Oktober 1997 über die Gebärdensprache waren fast alle Gehörlosen gegen die neue Form der DGS ohne Mundbild. Viele waren auch wütend. Aber trotzdem geht das weiter, ohne die Gehörlosen zu fragen.
Es wird in der Stellungnahme auch behauptet, daß keiner von der Universität oder vom "PAX" einem das Mundbild verboten hat. Das ist nicht wahr! Ein Beispiel: Im Gehörlosengottesdienst des "PAX" wurde das "Vaterunser" total in DGS ohne Mundbild umgewandelt und so auch vorgetragen. Alle Gottesdienstbesucher müssen dann unter Anleitung bestimmte Texte ohne Mundbild vortragen. Das ist kein direktes Verbot, nein, das ist mehr: Das ist schon Gehirnwäsche! Es wird dabei nicht gefragt, ob die DGS ohne Mundbild gut ist oder nicht. Wer nicht mitzieht, der steht schon im "PAX" schlecht da. Ich bin wie alle Gehörlose und viele Schwerhörige für eine Mischform der Gebärdensprache. Alles ist erlaubt, Gebärdensprache mit Mundbewegung oder ohne, mit lautsprachbegleitenden Gebärden (LBG) plus Daktylieren (Buchstabieren von Wörtern per Fingeralphabet). Jeder soll so gebärden, wie er kann und will. Andere Länder (z. B. Schweden) oder Gebiete (z. B. Bayern) gebärden anders als wir. Wir verstehen die auswärtigen Gehörlosen trotzdem, weil vor allem die Mundbewegung (durch Lippenablesen) fast alles verstehen läßt. Gehörlose haben überall Spaß und überall Kontakt mit Gehörlosen und Hörenden. Und wie soll das ohne Mundbewegung klappen? Die Bayern gebärden z. B. das Wort "Brot" anders als wir Hessen. Welcher Gehörlose kann das sofort unterscheiden und verstehen ohne Mundbewegung und Lippenablesen? Alle Gehörlosen müssen dann exakt die gleichen Gebärden ohne Mundbewegung üben und auch so anwenden. Also keine lebendige fröhliche Gebärdensprache mehr, sondern nur eine graue Masse von Einheitsgebärden. Das wollen wir nicht. Oder kann jemand vorstellen, daß eine Gerichtsverhandlung von einem Dolmetscher ohne Mundbild übersetzt werden kann? Wir müssen alle aufpassen und wach bleiben. Es wäre wünschenswert, wenn die Gehörlosen den früheren Aufrufen von Horst Krämer im "Sprachrohr" folgen und dort ihre Meinung schreiben würden. Erst wenn die Gehörlosen was machen, dann kann alles für unsere schöne Gebärdensprache getan werden. Es ist nicht leicht für uns, weil die Sprachforscher die Schwächen der Gehörlosen kennen und auch ausnutzen. Aber noch sind wir stark. Immer mehr Hörende (ob Pfarrer, Logopäden oder Lehrer) haben ein Herz für die Gehörlosen und kämpfen auf der Seite der Gehörlosen, für die normale Gebärdensprache. Sie alle sind erschrocken, daß die Universität Frankfurt und "PAX" uns Gehörlosen und Hörgeschädigten als Versuchskaninchen mißbrauchen. Früher wurde vieles falsch gemacht mit der Erziehung von Gehörlosen, aber das ist ein neuer Fehler.
In der Hoffnung auf eine Unterstützung.

Bernd Werner
in Zusammenarbeit mit dem
Gehörlosenverein Hanau u. Umgebung e.V.
Französische Allee 25, 63458 Hanau
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Viertens:

Stellungnahme zum Schreiben von Bernd Werner im "Sprachrohr" vom April

Dem Bernd Werner danke ich tausendmal. Ich bewundere ihn für seinen Mut, daß er seinen Mund aufmachte und seine Meinung im "SPRACHROHR" offen schrieb.
Das hatte er nicht im Alleingang begangen und ich bin sicher, daß viele Gehörlose in ganz Deutschland sein Schreiben sehr begrüßen würden. Bernd Werner verdient seine Achtung für seinen Mut. Zwar schrieb er scharf darüber und hatte sich gegen Gebärdensprache ohne Mundbild gewehrt, aber dann sollen wir ihn nicht allein lassen und ihn gleich unterstützen. Er wird dafür sehr dankbar sein.
Was ich über Gebärdensprache ohne Mundbild denke, ist absolut null!! Das ist kein Zukunftsmodell, nur ein Rückfall in die Höhlenbewohner-Zeit. Ich war 27 Jahre beim Deutschen Gehörlosen-Theater und habe jahrelang als Regie-Assistent und zuletzt Regisseur mehr Erfahrung über gehörlose Publikum. Zuerst spielten wir das Theater in Mimik und Geste. Später (1973) aber auf Wunsch vieler Gehörlosen führten wir zum ersten Mal die Gebärdensprache (LBG) ein. Dann wo darauf DGS stark verbreitet wurde, haben wir wiederum in DGS umgewandelt (1991). Und jetzt kann ich mir nicht vorstellen, wenn das Deutsche Gehörlosen-Theater wieder wie früher "mundlos" spielen würde. Ob andere Theatergruppen die Gebärdensprache ohne Mundbild spielen, ist ihre Sache.
Wie zu sehen war, war eine heiße Diskussion über Gebärdensprache ohne Mundbild im Saal des Gehörlosen-Zentrums. Es wurde heftig gegen Gebärdensprache ohne Mundbild gestoßen. Klare Ablehnung!!! Was wollen jetzt die, diese Sippschaft, wo wir, vor allem der DGB, gerade um die Anerkennung der Gebärdensprache kämpfen.
Ich denke, wie wäre es mit einem Aktionsplakat zu machen:

"Gebärdensprache ohne Mundbild? Nein danke".

Ferner erwarte ich von vielen Gehörlosen die Unterstützung für den mutigen Bernd Werner. Die Gebärdensprache ohne Mundbild gehört auf den Müllhaufen und zwar gleich!

April 98
Koos de Ligt,
Frankfurt/Main
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