Entnommen aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 15.4.98:

Schwerhörige Babys am Schreien erkennbar

Babys mit hochgradiger Schwerhörigkeit verraten sich durch ihr Schreien. Das zeigen Untersuchungen, die Rainer Schönweiler von der Medizinischen Hochschule Hannover und Sebastian Möller von der Universität Bochum vorgenommen haben. Mit dem von ihnen entwickelten Verfahren läßt sich eine Schwerhörigkeit schon kurz nach der Geburt erkennen. Das Schreien der Säuglinge wird digital aufgezeichnet und anschließend mit einem Rechner ausgewertet. Ein lernfähiges Computerprogramm ermöglicht es, Auffälligkeiten etwa bei der Frequenz, dem Rhythmus und der Melodie zu identifizieren. Die Veränderungen rühren daher, daß sich der Säugling selbst praktisch nicht hört. Hebammen und andere erfahrene Fachkräfte können die abweichende "Schreistruktur" oft sogar direkt wahrnehmen. Die Stimme der schwerhörigen Babys ist offenbar etwas dumpfer und zittriger. Mit dem neuen Verfahren lassen sich etwa 80 Prozent der hochgradig schwerhörigen Säuglinge erkennen. Es ist damit der herkömmlichen Audiometrie unterlegen. Daher will Schönweiler das Verfahren vor allem dazu nutzen, den Erfolg einer Behandlung mit Hörhilfen ohne großen Aufwand zu kontrollieren. Wenn ein Baby auffällig schreit, obwohl es ein Hörgerät in beiden Ohren trägt, liegt der Verdacht nahe, daß es eine Innenohr-Prothese (Cochlear Implant) benötigt. Der Hannoveraner Arzt und der Bochumer Ingenieur sind unlängst mit dem Förderpreis der Geers-Stiftung, die wissenschaftliche Vorhaben zum Wohl der Hörbehinderten unterstützt, ausgezeichnet worden.
F.A.Z.
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