Liebe Leserin, lieber Leser,
Wir alle spüren in Deutschland mehr oder weniger die Auswirkungen der staatlichen Sparmaßnahmen. Besonders davon betroffen sind u. a. auch die sozialen Beratungsstellen verschiedenster Organisationen. Die Behörden suchen intensiv nach Einsparungsmöglichkeiten. Sie werden dort fündig, wenn zum Beispiel zwei Beratungsstellen in einer Stadt gleiche oder ähnliche Aufgaben bewerkstelligen. Da wird der Zuschuß bei einer der beiden Lokalitäten gnadenlos und erbarmungslos gestrichen. Das wissen viele Verantwortlichen der sozialen Organisationen. In einem Fall war jedoch Skrupellosigkeit am Werke. Mir wurde Einsicht in einen Schriftwechsel gewährt, wie ein Schwerhörige betreuender Geistlicher in seinem Kampf um städtischen Zuschuß seine Konkurrenz, d. h. eine von Gehörlosen selbst leitende Beratungsstelle, als "nicht weiter förderungswürdig" in seinem Schreiben an die zuständige Behörde festgestellt hatte. Trotz der unabhängigen schriftlichen Bestätigung von CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen, daß diese Stelle recht erfolgreich arbeitet. Es handelt sich um einen unchristlichen Mann, bei dessen Amt sich ein früher erstmals neu eingestellter hörbehinderter, prädestinierter Sozialpädagoge nach wenigen Wochen nicht mehr wohl fühlte und nun zur vermeintlichen Rivalität abgewandert war.
zeigt die 26 Forschungsvorhaben im Gesamtvolumen von 37,7 Mio. DM für vorwiegend Hörbehinderte. Hier drei Kostproben: "Grundlagen für eine 3. Generation von Cochlea-Implantation" von Prof. Lenarz (3,8 Mio. DM); "Erstellung von Kriterien zur Bewertung, Optimierung und Entwicklung von Cochleaimplantaten" von Prof. Langer (0,8 Mio. DM); "Hörgerichtete Frühförderung hochgradig hörgeschädigter Kleinkinder" von Prof. Diller, Heidelberg (0,8 Mio. DM) u.a. Der Text des letztgenannten Projektes lautet wie folgt:
"Ziel ist es, die Hör- u. Lautsprachentwicklung hochgradig hörgeschädigter Kleinkinder zu verfolgen und die Bedingungen für ihre Förderung systematisch zu analysieren. In einer Breitenuntersuchung mit quantitativem Schwerpunkt sollen ca. 100-150 hörgeschädigte Kinder und in einer intensiven Verlaufsuntersuchung ca. 15 Kinder mit einbezogen werden. Alle Probanden sollten vorgeburtlich ertaubt sein und einen mittleren Hörverlust von 90 dB haben. Sie sollen hörgerichtet lautsprachlich gefördert werden. In der intensiven Längsschnittanalyse werden Daten durch fokussierende Interviews mit Eltern u. Frühförderer /innen sowie durch monatliche teilnehmende Beobachtung der Frühfördersituationen erhoben."
Jeder gebildete Laie weiß genau, daß ein mit Hörgerät ausgestattetes Kleinkind mit einem solchen Hörverlust von 90 dB längst nicht annähernd auf die gleiche Ebene eines Hörenden gestellt werden kann. Mit diesem "abgemagerten" Handikap ist es utopisch, die Lautsprache übers Ohr aufnehmen und verstehen zu können. Vielleicht kann die Aussprache verbessert werden, aber keinesfalls kann das Familiengespräch verfolgt werden. Wieso wird es immer noch weiter gedrillt und geschmerzt? Ist es nicht eine Mißachtung der anderen wichtigeren Ressourcen wie guten entwicklungspsychologischen Reize? Riecht es nicht nach dem fachmännischen Beitrag zur trügerischen Hoffnung der vorerst völlig ahnungslosen Eltern gehörloser Kinder? Bei den Probanden wird z. B. das - nicht selten gestörte - Sozialverhalten, das nur über die beidseitig einwandfreie, beidseitig kompetent abzulaufende, dadurch die Dominanz vermeidende Kommunikation vorbildhaft vermittelt werden kann, - wie oft - auf der Strecke liegen bleiben! Demzufolge ist die unisensorische (hörgerichtet) Frühförderung für die "Kommunikationsprothese" zu dogmatisch. Also:
Mitmenschlichkeit hin,
wissenschaftliche
Leidenschaft her!