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Gehörlose kommunizieren in Lautsprache und Gebärdensprache

Pressemitteilung vom 10. 12. 1998

Der Hessische Landtag beschließt als erstes Landesparlament in Deutschland einen Antrag zur Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache mit konkreten Handlungsaufträgen an die Hessische Landesregierung. Die Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und Schwerhörigen e. V. sieht darin einen wichtigen Schritt zur bundesweiten Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache. Er ergänzt den Beschluß des Deutschen Bundestages vom 24. Juni 1998, der die Bundesregierung auffordert, zu prüfen, wie die tatsächliche Gleichbehandlung der Kommunikationsform Gebärdensprache erreicht werden kann. Die Konferenz der Ministerpräsidenten beschloß bereits am 18. März 1998, daß die Anerkennung und Förderung der Gebärdensprache in Deutschland im Rahmen der fachlichen und finanziellen Möglichkeiten weiter umgesetzt wird.

Der Hessische Landtag trägt mit seinem Beschluß entscheidend zur Verbesserung der Situation der Gehörlosen und Schwerhörigen in Hessen bei.

Der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft, Peter Donath, München, begrüßt den Beschluß des Hessischen Landtags, der

* feststellt, daß beide Sprachen - die Lautsprache und die Gebärdensprache - für die Integration Gehörloser von großer Bedeutung sind,

* von der Hessischen Landesregierung eine Bundesratsinitiative für eine bundesweit geregelte Anerkennung des Berufsbildes der Gebärdensprachdolmetscher fordert,

* einen Beschluß der Kultusministerkonferenz erwartet, nachdem für Hörgeschädigtenpädagogen die Vermittlung der Gebärdensprachkompetenz verbindlicher Bestandteil der Ausbildung wird,

* für die Hörgeschädigtenpädagogik in Hessen ein entsprechendes Fortbildungsprogramm in Auftag gibt,

* eine flächendeckende Früherkennung und -versorgung von hörgeschädigten Neugeborenen

* von der Hessischen Landesregierung fordert, ein Wahlpflichtfach "Deutsche Gebärdensprache" ab der
5. Klasse an den Schulen für Hörgeschädigte einzurichten,

* feststellt, daß Gebärdensprache bei Kindern mit lautsprachlichen Problemen bereits ab der ersten Jahrgangsstufe eingesetzt werden kann.

In den letzten beiden Punkten ist es vor allem der Initiative des Abgeordneten Andreas Kammerbauer, Hochheim, zu verdanken, daß die Schule für Hörgeschädigte als Tabuzone für Gebärdensprache durchbrochen wurde. Kammerbauer ist als Betroffener gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft.

In Hessen fehlen außerdem qualifizierte Gebärdensprachdolmetscher, um so wichtiger ist es daher, daß jetzt auch Hessen damit beginnt, Gebärdensprachdolmetscher auszubilden und zu prüfen.

Peter Donath hofft, daß die Hessische Landesregierung die konkreten Handlungsaufträge zügig umsetzt und im Sommer 1999 der Konferenz der Ministerpräsidenten einen entsprechenden Bericht vorlegen kann.

In der Bundesrepublik Deutschland leben ca. 80.000 Menschen, die gehörlos und weitere ca. 80.000 bis 100.000, die so hochgradig schwerhörig oder ertaubt sind, daß ihnen eine Verständigung allein über das Gehör auch mit Hilfe von Hörgeräten kaum möglich ist.

Die Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und Schwerhörigen e. V. ist der Dachverband für bundesweite Vereine und Institutionen, die sich um das Wohl der gehörlosen, schwerhörigen, ertaubten und taub-
blinder Menschen bemühen.

Somit ist eines der ersten und wichtigsten Ziele auch von "Selbstbewußt werden" erreicht worden. Dem Hessischen Landtag herzlichen Glückwunsch zu seinem mutigen und sehr menschlichen Beschluß.