BÜCKEN/VERDEN (ebb) • Ein trauriger Fall findet zur Zeit sein Nachspiel
in einer seit Donnerstag andauernden Hauptverhandlung vor dem Schwurgericht
Verden. Zu verantworten hat sich ein in Duddenhausen wohnhafter 32Jähriger,
der am Abend des 28. September 2001 seine Freundin aus Eifersucht schwer verletzte.
Die von Staatsanwältin Regina Steinebach vertretene Anklage lautet auf
versuchten Totschlag und Körperverletzung. Der Fall gestaltet sich jedoch
alles andere als einfach, denn der Angeklagte ist taubstumm. Die Behinderung
führe nach Angaben eines Experten zu besonderer Empfindsamkeit.
Und dieses Handicap ließ den Angeklagten öfter aufbrausen. An jenem
28. September erfuhr er per SMS von der Freundin, dass diese sich für
einen neuen Liebhaber entschieden hatte und sich von ihm trennen wollte. Wutentbrannt
erschien er auf dem Grundstück in Dedendorf. Dort sah er durch das Küchenfenster
seine Freundin, ihre Mutter und den Nebenbuhler.
Nach dem Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme warf der Verzweifelte Blumenerde
gegen das Fenster, donnerte gegen die Haustür und schrie, offenbar an den
Anderen gerichtet und mit Mühe artikuliert: „Du kriegst sie nicht!
Sie ist meine! Ich bringe Dich um!" Die Eifersucht machte es möglich,
dass der Enttäuschte diese Worte unter Aufbietung aller Kraft qualvoll
herausbrachte.
32Jähriger sehr empfindsam
Der 39jährige „Nachfolger" erklärte als Zeuge im Verdener
Gericht: „Das hörte sich so an, als hätte er ein Attentat auf
mich vor. Ich bekam Angst." Er flüchtete aus der Küche. Der Angeklagte
stürmte auf seine Freundin zu, die auf glattem Fußboden zu Fall
kam und eine Prellung erlitt. Das geschah, als ihre Mutter dazwischen gehen
wollte. Sie hatte beim Öffnen der Haustür schon einen Fausthieb auf
den Mund bekommen und zwei Zähne verloren. Die Frau sagte im Prozess: „Er
rannte in die Küche und holte ein Messer. Damit hat er mich gestochen.“
Dabei traf der Angeklagte die Lunge, die anschließend teilweise entfernt
wurde.
Die ExFreundin und Mutter des gemeinsamen Töchterchens, das am Tatabend
im Bett schlief, berichtete, am 28. September 2001 seien etliche SMS von Handy
zu Handy übermittelt worden. So gut wie den ganzen Tag über. In einer
hatte der jetzige Angeklagte seinen Selbstmord angekündigt. Sie bestritt
erst, dass sie mit Hilfe eines Anwalts dem Angeklagten jeden Kontakt zu dem
gemeinsamen Kind, das er liebte und das auch ihn immer sehnlichst erwartete,
untersagt habe. Dann räumte sie es doch ein. Heute hat die ExFreundin
ein zweites Kind, Vater ist der jetzige Partner. Die Schwurgerichtskammer setzt
die Verhandlung morgen fort. Mit Spannung ist außer dem Plädoyer
von Staatsanwältin Steinebach der Schlussvortrag von Verteidiger Dr. Jochen
Heidemeier (Stolzenau) zu erwarten.
aus der Kreiszeitung vom 31.03.03 – mit freundlicher Genehmigung des Autors