Kommentar zum Buch
Sie wollten schon immer einmal den Unterschied zwischen Gebärden- und Lautsprache genau definiert haben? Bitteschön:
Der Aufbau des figurativen Aspektes des Gebärdenzeichens stimmt demzufolge mit dem Aufbau seines operativen Aspektes formal überein, indem Bedeutung und Gebärdenzeichen sich als miteinander intensional isomorphe strukturierte Einheiten erweisen, was ferner die unverkennbare Reafferenz der optisch-kinetischen Aktualisierungsmodalität gewährleistet. (S. 62)
Der Aufbau des figurativen Aspektes des Lautzeichens stimmt demzufolge mit dem Aufbau seines operativen Aspektes formal nicht überein, weil Bedeutung und Lautzeichen sich als miteinander nicht intensional isomorphe strukturierte Einheiten erweisen, was ferner die unverkennbare Nichtreafferenz der akustisch-phonetischen Aktualisierungsmodalität reflektiert. (S. 63)
Alles klar?
Wer kann da noch folgen? Gehörlosenlehrer, Dolmetscher und andere Profis
aus dem Gehörlosenbereich dürften überfordert sein. Ein Text
für Linguisten offensichtlich, am besten promovierte wie der gehörlose
Autor selbst.
Genau das ist eigentlich schon der „Knüller“! Da bringen hörende
„Fachleute“ es doch auch heute noch fertig, die Gebärdensprache
als für den Lautspracherwerb schädlich zu bezeichnen, und dann kommt
ein gehörloser Wissenschaftler daher, ein Grieche zudem, und präsentiert
mit allen Regeln der Kunst den Gegenbeweis. Natürlich muss man die Gebärdensprache
beherrschen, wenn man sie als Medium für die Vermittlung der Lautsprache
einsetzen will. Nicht nur das. Man muss ihr Regelwerk, ihren Sprachrhythmus
und auch ihre andere Weltsicht durchdrungen haben, um darauf aufbauend einen
erfolgreichen kontrastiven Sprachunterricht betreiben zu können.
Wer Chrissostomos Papaspyrou kennen gelernt hat, ihn vor einer Schulklasse oder
einem Seminar erlebt hat, seine mitreißende, temperamentvolle und lebendige
Art, sich in der Gebärdensprache auszudrücken, dem ist klar, dass
er weiß, wovon er schreibt und dass es nicht blasse Theorie ist, sondern
dass sie aus der Praxis erwachsen ist. Klar auch, dass er in wissenschaftlichen
Aufsätzen Fachtermini benutzen muss.
Wenn jetzt noch der nächste Schritt erfolgen würde, nämlich eine
für jedermann, d.h. auch für hörende Fachleute und Eltern gehörloser
Kinder, verständliche Darstellung des kontrastiven Sprachunterrichts –
das wäre schon optimal! Auf CD-ROMs wie „Die Firma“ zu verweisen
ist soweit sehr schön. Aber ein Sprachbuch, in dem anschaulich und leicht
verständlich dargestellt wird, wie man Gebärden- und Lautsprache einander
gegenüberstellen kann, mit Fotos, Bildern, Beispielen – das würde
man sich für die Praxis wünschen. Mag sein, dass man mit „Fachchinesisch“
inkompetenten Gegnern und Gebärdenhassern Paroli bieten kann. Für
den pädagogischen Alltag wäre leichter verdauliche Kost sicherlich
noch nützlicher. Ist zu hoffen, dass die noch folgen wird.
Bernd Rehling
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