Albert Schmidt - Schmiedgasse 10 - 82278 Althegnenberg
Fax 0 82
02 / 90 35 70 Email:
albert.schmidt1@planet-interkom.de
Betrifft: UNTERTITEL für hörgeschädigte....Erneuter appell
an die privaten sendeanstalten ....
05.01.2000
Sehr geehrte damen und herren,
warum ist es mehr als gerecht, die schönsten
unterhaltungsthemen- und filme zur besten sendezeit mit untertitel zu
versehen? Lassen sie sich mal erklären, warum ihre ablehnende haltung gegenüber
der untertitelung für hörgeschädigte betriebswirtschaftlich eigentlich
sinnlos ist.
Im gesamthaushalt ihres senders
beansprucht dieser vorgang (untertitelung) einen verschwindend geringen teil.
In der anlehnung an den pleitier schneider haben dessen banker von peanuts
gesprochen. Für sie sind es echte peanuts, nur keine verlorenen! An den
umsätzen ihres senders gemessen, gehört der vorgang in die kategorie
taschengeld!
In dem sie sich in der verteilung
dieses taschengeldes schottischen maßstäben unterwerfen, ersehen sie nicht im
geringsten den tatsächlichen wert der untertitelung! Ja, sie verstehen richtig,
wir fordern die untertitel nicht aus einer sozialen randgruppen- und
almosenmentalität heraus sondern im marktwirtschaftlichen rahmen von angebot
und nachfrage!
Wenn sie in kategorien von
marktanteilen denken, dann sollten ihre finanzstrategen nicht vergessen, daß in
den statistiken, die nur einen bruchteil der bevölkerung als "untertitelgeeignet"
ausweisen, eine ziemlich hohe dunkelziffer vergessen wurde.
Viele hörbehinderte konnten durch ein
ungerechtes schulsystem (siehe beschluss des mailänder kongress der
taubstummenlehrer v. 1880), nicht richtig ausgebildet werden. Sie sind somit im
gebrauch der deutschen schriftsprache alles andere als gewandt. Sie können aber
ohne weiteres untertitel lesen, sich jedoch nicht in schriftform klar
ausdrücken und somit ihren forderungen nach geeigneten untertiteln nachdruck
verleihen. Daß dies eine nicht unerhebliche randgruppe darstellt, ist wohl
übersehen worden. Einfacher gesagt: Dieser großen gruppe fehlt der mut zum
schreiben! Auch ihre telefonische hotline für zuschauerwünsche wird nie
von uns auch nur einen "pieps" vernehmen! Ehrlich und spektakulär
gesagt: Könnten alle hörbehinderte mal kurz bei ihnen wegen einer möglichen
untertitelung "anrufen", ihre hotline würde verglühen!
Viele hörbehinderte sind ausschließlich
auf visuelle kommunikation angewiesen und somit, sagen wir es lapidar, fleißige
fernseher!
Darüber hinaus vergessen sie einfach
die millionen (ich schreibe bewußt -millionen-!) hörgeräteträger, welche mit
ihren geräten zwar hören aber auch nicht mehr so viel verstehen können. Da es
sich, wie gesagt, um -hörgeräte- handelt und nicht um -verstehgeräte-,
sind diese sorte von hörbehinderten über jede untertitelsendung begeistert!
Darüberhinaus sollten sie wissen, daß viele "fast" taub geborene
hörbehinderte auch diese geräte tragen, u.a. auch sogenannte „cochlear
implants“, um nur mal laute geräusche wahrzunehmen! Wenn ihnen irgendein
akustikerverband irgendwelche statistiken zur verfügung gestellt hat, dann
vergessen sie diese schnellstens. Nur betroffene selber wissen, was in bezug
auf nichthören und nichtverstehen hinausläuft und nicht irgendein
hörgerätevermarkter mit topp-ohren! In der regel sind hörgeräte zum
fernsehhören selten geeignet , viele greifen noch zu teuren microportanlage
bzw. anderen stärkeren hörhilfen. Sie sehen, diese hörgeschädigten freuen sich
über jede untertitelung der öffentlichen! Merke: Keine einzige hörhilfe
macht einen hörbehinderten zum normalhörenden!!!!
Ein ernstzunehmender umstand ist die
wachsende altersschwerhörigkeit und nicht nur nach jedem discobesuch schnellt
diese krankenziffer nach oben. Da sind eingebaute zeitzünder drin, welche
generationen von jugendlichen im alter ein frühes handicap bescheren.
Hörgeräteakustiker reiben sich die
hände, wenn sie an die späteren umsätze denken (kein witz! siehe ähnlich
geartete rundschreiben eines fachverbandes der hörgeräteakustiker). Eigentlich
sollten sie sich auch in den kreisen dieser "händereiber" (verzeih)
befinden, den mit fast jeder hörschädigung schnellt ihre zuseherschar nach
oben, vorausgesetzt, sie untertiteln ihre sendungen!
Viele hörgeräteträger gehen unauffällig
und mit stiller "leidensdemut" unter uns herum, frei nach dem motto:
"Nur nicht auffallen". Welch ein irrsinn! Unsere politische
gesellschaft fordert die integration aller behinderten und nichtbehinderten zu
einem gerechten miteinander auf und liefert nur klägliche argumente über das
know how! Sie als sender haben eine hohe medienpolitische verantwortung
gegenüber ihren zusehern und werden wohl oder übel in die verantwortung
genommen. Hier haben sie die möglichkeit, kommerz und wohltat zu
verbinden.
Sogar gehörgeschädigte rollifahrer sind
nicht selten und eine besonders treue untertitel-fangemeinde. Warum zögern sie
noch, uns mit passenden untertitelsendungen zu beglücken?
In ihren augen sind hörgeräteträger
wohl "normale" individuen, die tv-sendungen sowieso ansehen, egal ob
sie untertitel beinhalten oder nicht. Das ist ein gewaltiger irrtum und die
typische denkweise von kaultschnäuzigen marktstrategen wie sie.
Fakt ist: Jeder Hörbehinderte ist ein
konsument! Er kauft vom alfa romeo
bis vw jedes fahrbare produkt, er
steckt varta-batterien in seine siemens-hörgeräte, er telefoniert in
gebärdensprache mit dem bildtelefon der
deutschen telekom, er nimmt sich dazu möglicherweise einen anbieter im call by call-verfahren, er tankt markenbenzin, macht reisen mit LTU in die karibik, isst iglo- und langneseprodukte, schlürft knorr-
und maggisuppen, genießt hasseröder pils oder läßt sich ein
(bitte ein)bit einträufeln, gießt apollinaris oder adelholzner durch die kehle, kauft bei bauhaus, obi oder praktiker die farben und bretter für
sein eigenheim, nascht mit vergnügen duplo
oder aftereight und spült sie mit coca cola / sprite runter. Warum zögern
sie denn immer noch, dieser kaufstarken konsumentengruppe eine wichtigen
botschaft vorzuenthalten: UNTERTITEL!! Schon einmal daran gedacht, daß auch
werbung mit untertitel ankommen kann? Manche werbung hört und sieht man gerne,
wir auch!!! Hörgerätewerbung kann mit untertitel effektiver wirken, oder nicht?
Sogar der äußerst beliebte "kinderkanal"
und andere sendungen für die jugend bleibt den hörbehinderten kindern und
jugendlichen vorenthalten. Wenn die sender wüßten, welche kaufkraft diese
hörbehinderten konsumenten später entwickeln. Wünscht ein hörgeschädigtes kind
von sich aus eine barbiepuppe, wenn
es nicht vorher von der werbung "überzeugt" wurde? Wahrscheinlich
nie, denn ein hörbehindertes oder taubes kind kennt kaum einen sender, der mit
untertitel und gebärdensprache seine sendungen bereichert und es auch
anspricht. Die öffentlichen haben mit der "sendung mit der maus"
einen riesigen erfolg bei den kleinen und auch großen hörbehinderten. Bei ihnen
reicht ihre sehkraft leider nur bis zur eigenen nasenspitze, sonst hätten ihre
finanzpolitischen sprecher diese möglichkeit einer näheren betrachtung
unterzogen.
Wie wäre mal eine sendung mit einer
gehörlosen "vera" oder "verona", welche hörgeschädigte in
der gebärdensprache interviewt? Dazwischen werbespots für Lichtwecker,
Lichtklingelanlagen, Telefonblinkmeldern, Bildtelefone, Videoreorder für
untertitelaufnahmen, Hörgeräte, Faxhandys, Urlaubsangebote für die jeweilige
behinderung, Tauchkurse mit Gebärdensprache (lautlose unterwasserwelt, sie
verstehen!) sowie gebärdensprachkurseinrichtungen und vieles mehr.
Würde die sendung "sehen statt
hören" (Regionalprogramme) die richtigen produkte vermarkten, dann hätten
wir mehr als nur diese winzige halbstündige sendung für hörgeschädigte zur
"besten" sendezeit am sonntagmorgen um 8 h! Wir müßten dann
auch nicht hinnehmen, daß unsere sendung während der ferienzeiten nicht
aktiv ist !
Nie vergessen
: Das programm des hörbehinderten ist auch das programm seiner familien und
freunden! Sogar Mcdonalds sagt : "Die kinder entscheiden, wo die eltern
essen !"
Die obige konsumliste könnte
fortgesetzt werden, aber ich will ihnen etwas anderes erklären:
Bitte beurteilen sie uns nicht mehr als
lästige, unbedeutende randgruppengesellschaft sondern als potentielle zuseher
und angemessenes marketingobjekt. Wenn sie und ihre sendeanstalt sich gegenüber
dieser spezies öffnen, werden sie über die resonanz überrascht sein. Sie tun
dann gleich 2 wichtige dinge mit einem schlag:
1. Sie steigen
in der zusehergunst !
Welcher hörgeschädigte, ob klein oder
groß, hat keine hörende verwandten und freunde, die sich mit ihm freuen würden,
wenn sie gemeinsam z.b. "Jenseits der stille" und "Dornenvögel"
gucken!
Beide wurden erfolgreich von den
öffentlichen untertitelt. Umfragen nach hatte dies eine gewaltige resonanz zur
folge. Die meisten hörbehinderten-medien wiesen auf diese sendungen hin,
hörbehinderten-internetseiten machten vehement unübersehbare einträge, sowie
die millionenfachen faxrundschreiben unter den hörbehinderten, die sich,
ähnlich im schneeballsystem, gegenseitig auf die jeweilige sendung mit
untertitel aufmerksam machen.
Damit öffnen sie ihren werbekunden tür
und tor. Sogar einen steigerung der zuseherakzeptanz von 1% (und das decken wir
locker) schlägt sich als pluspunkt auf der kommerziellen seite bei ihnen nieder
und liefert ihnen zusätzliche verkaufsargumente. Dagegen sind die kosten für
untertitel schwindend gering!
2. Sie tun ein
gutes werk und erfreuen sich einer künftig großen beliebtheit !
Sie fördern geistiges gut der hörbehinderten
und verhindern den rückfall in die schädliche isolation einer tauben welt. Sie
fördern die verbreitung kultureller werte der hörbehinderten.
Das interesse der hörenden an der
gebärdensprache explodiert. Die volkshochschulen melden ausverkaufte gebärdenkurse.
Von sozialem almosen- und rangruppensegment sind wir so weit entfernt, wie der
papst von der sünde. Wir können mit hilfe unserer gebärdensprache und den
untertitelten nachrichten, themen und news unserem leben eine neue qualität
geben.
Der sender,
der uns dabei hilft, ist dann ein wichtiger begleiter durch unser lautloses
leben. Wir vertrauen dann auch seiner werbung und seiner botschaft!
Bitte schnellstens mal ausrechnen, was euch untertitelte sendungen
einbringen und welchen imagegewinn ihr vermelden könnt, wenn die "Gesetzliche
anerkennung der gebärdensprache" durchkommt ! Videotext stört keinen
hörenden zuschauer! Der hörbehinderte kann ihn nach belieben zuschalten!
Holt euch die angebote von den
untertitelherstellern. Aus marktwirtschaftlicher und ethischer sicht sind
untertitelte sendungen ein gewinn für alle, auch für sie!
Worauf warten sie noch? Machen sie das
geschäft : "Untertitel gegen kaufkraft" !
Mit freundlichen Grüßen
Albert Schmidt