Cochlear Implant ? -- Hört uns doch zu!

Wir sind Experten,
was Taubsein bedeutet!

Wir sind taub oder schwerhörig. Wir leben recht froh in unserem Taubsein, auch wenn einige von uns früher einmal hören konnten oder noch teilweise hören können. Wir betrachten uns als nicht vom Schicksal betroffen. Denn wir haben manches dazu gewonnen: u.a. die Gebärdensprache und die weltweite Solidaritätsgemeinschaft der tauben und hörenden Benützer der Gebärdensprache. Wir betrachten uns als eine besondere Facette der Menschheit, ähnlich einer ethnischen Volksgruppe. Also dürfen wir verkünden:

Taub zu sein ist doch O.K.! Das Glück des Hörens ist nur relativ!

Taubheit ist von Natur gegeben, wie wenn man vollhaarig oder kahlköpfig ist, und braucht nicht bekämpft zu werden (Siehe Moses,2.Buch, 10-14). Wir meinen sogar, sie soll weiter existieren.

Wir halten uns keine Illusionen über die Schwierigkeiten vor, die unser Leben erschweren. Sie kommen nur aus Vorurteilen, genannt Audismus, auferlegt von noch unaufgeklärten Hörenden. Sie sind praktisch gleichwertig dem Rassismus oder Antisemitismus. Hier eine Auswahl solcher audistischen Vorurteile: "Wer auch nur etwas hören kann, hat eine bessere Lebensqualität", "Die Hörfähigkeit ist für ein Leben in Sicherheit notwendig", "Wir dürfen nicht autofahren", "Unsere Gebärdensprache hat keine Grammatik (oder ist eine Affensprache)" ,"Stumme Menschen sind sprachlos", "Taubheit ist ein Schicksal (oder eine Krankheit)".

Die Lebensqualität eines tauben Kindes hängt nicht ab von wieviel es
hört, sondern von der Befreiung der audistischen Vorurteile!

Wir verstehen den Schmerz, ein taubes Kind zu haben, gut. Ein Schmerz in der Vorstellung, das Kind könne nicht, "wie wir sein", "was wir über ihn wünschen", und "wir müssen deswegen unser Leben anders gestalten und unsere Träume von ihm aufgeben". Aber für uns ist das taube Kind eine Freude. Wir haben immer erlebt, daß hörende Eltern weniger Kummer empfinden, wenn sie vorher schon über die Taubheit richtig aufgeklärt sind.

Kummer weiter zu pflegen ist für ein taubes Kind sehr gefährlich!

Man muß sich zuerst von diesem Kummer befreien, um recht vorurteilsfrei über das Cochlear Implant (CI) für das taube Kind zu entscheiden. Vorurteilsfrei entscheiden wir dagegen, uns und unsere eigenen tauben Kinder mit einem CI zu versorgen. Stille ist uns lieber als das ständige Dulden der Geräusche. Wenn wir aber Hörreste haben, ist uns ein äußeres Hörgerät lieber als ein körpereingreifendes Verfahren und es ist auch funktionstüchtiger als das CI, weil es mehr von der Geräuschwelt überbringt als die 22 Töne durch das CI.

Aber das Cochlear Implant hat sich als sehr wenig nützlich erwiesen!

Die Forschung von mehr als zehn Jahren hat noch keinen klaren Erfolg des Hörenkönnens mit einem CI gezeitigt. Lediglich kann nur von einer Minderheit der Spätertaubten berichtet werden, die die Lautsprache teilweise mit CI verstehen können. Ein hohes Sprachverständnis durch das CI allein kann noch nicht von einem taubgeborenen oder früh tauberworbenen Kind, trotz jahrelanges, intensives Trainings, berichtet werden. Auch das erfolgreiche Erlernen der Lautsprache kann nicht ausschließlich dem CI zugeschrieben werden. Es gibt taube Leute, die eine Lautsprache sehr gut ohne CI oder Hörtraining erlernt haben und beherrschen. Nur das Vernehmen der Geräusche, die für uns belanglos sind, ist möglich.

Das Cochlear Implant macht den Implantierten nur schlecht hörend!

Die CI-Befürwörter reden nur noch von der "Möglichkeit" und "Chance" des muttersprachlichen Erwerbs durch das Gehör. Ist es doch töricht, sehr viel Geld bloß für eine Möglichkeit, für eine Hoffnung des Hörens, auszugeben, wie ein Spieler für das Glück eines großen Gewinnes?! Wer kauft denn ein Auto nur auf die Chance des Fahrens? Wir sind auch Beitragszahler der Krankenversicherung und erachten als eine große Verschwendung unserer und Ihrer Beiträge, wenn taube Kinder nur schlecht hörende Erwachsene mit psychologischen Problemen und sprachlichen Mängel werden und das CI, wie viele von uns das Hörgerät, nicht mehr benützen. Wer bezahlt schließlich das Herausoperieren des CI?

Deswegen ist das Cochlear Implant immer noch ein Experiment!

Aber wir wissen von unerfreulichen Sachen, die nachher bei vielen entstehen: lästige Lärme, Kopfschmerzen, Lähmung der Gesichtsnerven, Depressionen, Identitätskonflikte, Enttäuschungen, Entbehrungen, Isolation u.a. Eine Untersuchung in den U.S.A. berichtet von etwa 75% der Kinder, die das CI Jahre später nicht mehr benützen. Und was am schlimmsten ist, das notwendigste und erfolgversprechendste, nämlich die Gebärdensprache, wird dem tauben Kind so lange vorenthalten. Das Kind wird dann lebenslang doppelt halbsprachig in der Gebärdensprache und auch in der Lautsprache, wie sehr viele taube und schwerhörige Erwachsene jetzt sind.

Das Cochlear Implant birgt folglich auch Gefahren!

Eine andere Gefahr durch das CI ergibt sich, daß Vorurteile gegen taube Menschen in der Gesellschaft weiterbestehen oder sich erhärten. Unsere Bemühungen für die gesellschaftliche Gleichstellung, also Integration, (auch die der implantierten Kinder),Verringerung der Benachteiligungen, Anerkennung und Wertschätzung der Gebärdensprache werden durch die dadurch entstandene übertriebene Hochschätzung des Hörens sehr erschwert. Auch einem implantierten Kind werden die gleichen Schwierigkeiten bereitet, ganz gleich, ob es gut sprechen kann. Wir erleben immer wieder, daß die gebärdensprach-gegnerischen Pädagogen, Eltern und Mediziner sich gegen unsere emanzipatorischen Bestrebungen gestemmt haben. Schriften der CI-Befürwörter bezeugen, daß sie das weiterhin tun werden.

Das CI und Treiben der CI-Befürworter sind ethisch sehr bedenklich!

Die medizinische Ethik darf nicht nur auf die chirurgische Unbedenklichkeit beruhen, sondern muß auch soziale und anthropologische Gesichtspunkte berücksichtigen, nämlich die Bewahrung der kulturellen Vielfalt, Emanzipation tauber Menschen, Taubsein als Normalzustand u.a. Die CI-Befürworter reden mit Freude von Verschwinden der Taubheit und Gebärdensprache als Folge von CI. Sie raten auch, die Gebärdensprache nicht zu lernen und CI-Kinder von uns fernzuhalten. Das ist gleich einem kulturellen Volksmord! Einer von ihnen betrachtet uns als zweibeinige Wesen, nicht als Menschen, weil wir nicht hören und sprechen können. Sie reisen umher und machen Äußerungen, die wissenschaftlich unhaltbar und schlecht belegt sind, um das CI anzubieten. Sie führen Einzelerfolge vor und verschweigen Mißerfolge. Sie machen irreführende Aussagen über unsere Sprache und unser Leben mit Taubheit. Schon feiern sie in Hannover das 1,000. CI, als ob wir Eroberungsobjekte seien. Wird woanders eine ähnliche Jubelfeier für eine andere Prozedur, wie die Herzoperation, veranstaltet? Da es bekannt ist, daß wir wenig von bißchen Hören halten und das Hörgerät ablegen würden, wenn wir nicht dazu konditioniert wären, ist es ethisch nicht vertretbar, das CI den entscheidungsunfähigen Kindern aufzuzwingen. Wir sind nicht gegen das CI selbst, wenn entscheidungsfähige taube Erwachsene und Jugendliche es wünschen.

Lassen Sie sich nicht von den CI-Missionaren um die Ohren wickeln!

Wir sind zornig auf unsere Eltern, nicht weil sie uns das CI nicht einpflanzen liessen, sondern weil sie die Gebärdensprache nicht gelernt haben. Wir sind wenigen Eltern dankbar, die entgegen pädagogischem Rat die Gebärdensprache gelernt haben, um uns die Teilnahme am Familien- und Alltagsleben zu ermöglichen und uns aus der Isolation holten. Mit Hilfe der Gebärdensprache läßt sich die Lautsprache sicher, leichter und humaner erlernen und mehr Wissen erwerben. Das CI und intensive Hörtraining bewirken das nur selten.

Sie als Eltern brauchen viel Hilfe, das zu bewerkstelligen und die ungewohnte Idee der Normalität des Taubseins psychologisch zu verkraften. Wir helfen Ihnen gerne.

Lassen Sie Ihr Kind taub sein und erfreuen Sie mit ihm die
schöne Gebärdensprachkultur! Ihr Kind wird Ihnen für die
Bewahrung der Unversehrtheit seines Leibes dankbar sein!

Wenn Sie weitere Fragen zu diesem Thema haben oder etwas dazu kommentieren möchten, schreiben Sie bitte an hteuber@juno.com oder Fax: 001-781-646-6170.
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V.i.S.d.P.: Aktionsgruppe zum Schutze der tauben Kinder, Constanze von Canal, Rebschulweg 42, 54470Bernkastel-Kues

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