Ein Hörtest besteht in der Regel aus einzelnen Tönen von verschiedenen Höhen. Damit stellen Ärzte fest, wie gut unser Hörvermögen ist. Fledermäuse würden dabei wahrscheinlich gar nicht so gut abschneiden: Sie hören nämlich am besten, wenn bestimmte Signale in einer schnellen Folge abgespielt werden. Und vielleicht gilt das ja auch für den Menschen. Das hätte dann einige Konsequenzen für die Entwicklung von Hörgeräten.
Wie Untersuchungsergebnisse der letzten Jahre zeigten, kann das zentrale Nervensystem aktiv beeinflussen, wie Nervenzellen Schallwellen verarbeiten. Bisher waren Wissenschaftler immer davon ausgegangen, dass sie die grundlegenden Eigenschaften des Hörsinns damit erfassen können, wie jemand auf einzelne Töne, die langsam aufeinander folgen, reagiert. Die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe um Albert S. Feng vom Beckman Institute for Advanced Science and Technology der University of Illinois in Urbana-Champaign erbrachten nun jedoch, dass die Geschwindigkeit, mit der die Zellen angeregt werden, sich deutlich darauf auswirken kann, wie gut Tiere Schallamplituden beziehungsweise Lautstärke wahrnehmen.
Die Wissenschaftler untersuchten das Hörvermögen von Myotis lucifugus, der amerikanischen Schwesterart unserer europäischen Wasserfledermaus. Fledermäuse modulieren aktiv die Geschwindigkeit, mit der sie ihre Ultraschallsignale aussenden. So können sie die Lautstärke der Antwort, die proportional zur Körpergröße des Zielobjektes ist, optimal einstellen. Damit können sie die Größe ihrer möglichen Beute genauer erfassen und auch besser unterscheiden.
Die Forscher spielten den Fledermäusen Nachahmungen von Ultraschallsignalen vor, wie sie von den flatternden Flügeln ihrer bevorzugten Beuteinsekten erzeugt werden. Am besten erkannten die Tiere die Signale, wenn sie diese in einer schnellen Folge hintereinander hörten - und nicht etwa bei langsamen und gut voneinander abgesetzten Aufnahmen. Feng hat dafür auch eine Erklärung: "In der realen Welt tritt Schall selten isoliert auf. Schall kommt normalerweise in einem kontinuierlichen Strom vor. Er ist nie einfach." Und darauf sollte das Gehirn auch am besten reagieren können.
Die Untersuchungen konzentrierten sich auf Nervenzellen im inneren Colliculus, einer Region im Mittelhirn der Fledermäuse, wo viele Höreindrücke ankommen und verarbeitet werden. Von dort aus werden die Informationen in die höheren Gehirnzentren des Hörsinns transportiert. Doch das ist nicht alles. Die Informationen werden auch wieder 'abwärts' geleitet, wo sie indirekt die Gehörempfindlichkeit steuern, der man bisher nur eine passive Rolle eingeräumt hat.
"Wir bekommen die Vorstellung, dass der Hörsinn dynamisch und unter aktiver Kontrolle ist", meint Feng. "Mit dieser neuen Verknüpfung gehen wir nicht mehr länger davon aus, dass es passiv oder statisch ist."
Die neuen Erkenntnisse sind grundlegend, meint Feng. Wenn Wissenschaftler die dafür verantwortlichen zellulären Mechanismen aufdecken, könnten diese dazu beitragen, in Zukunft bessere Hörhilfen zu konstruieren.
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