Blasebalg im Ohr

Manche Katze spitzt sogar im Wohnzimmer die Ohren, wenn sie hört, wie in der Küche eine Dose geöffnet wird, und vielen Dirigenten fährt es in alle Glieder, wenn das Orchester einen Ton falsch spielt: Säuger haben ein recht ausgeprägtes Hörvermögen. In ihren Ohren befinden sich Haarzellen, die wie Weizenfelder im Wind unter den Schallwellen hin und her wogen, und die akustischen Signale auf eine bisher nicht vollständig geklärte Weise verstärken und weiterleiten. Dafür sind nach neuen Untersuchungen Membranen verantwortlich, die sich wie der Blasebalg eines Akkordeons dehnen und zusammen schrumpfen.

Die Innenohren von Säugetieren sind mit Tausenden von so genannten äußeren Haarzellen bedeckt, aus denen jeweils auf einer Seite ein Büschel Sinneshärchen (Stereocilien) wächst. Wenn akustische Wellen darüber streichen, verursachen sie einen elektrischen Reiz, der die Zellen veranlasst, mit dem Ton zu schwingen, sich also entsprechend zu dehnen oder zusammenzuziehen. Dadurch verstärkt und verarbeitet die Zelle die Töne, bevor das Ohr diese durch Signale an die Hörnervenfasern an das Gehirn weiterleitet.

John Oghalai und seine Kollegen vom Baylor College of Medicine in Houston gingen davon aus, dass die Bewegungen der Haarzellen durch deren Membran verursacht wird. Daher entnahmen sie Meerschweinchen äußere Haarzellen und behandelten diese mit verschiedenen Substanzen und Elektroschocks. Die Forscher konnten anhand einer Fluoreszenz-Probe beobachten, wie sich Membranlipide als Reaktion auf elektrische Impulse verlangsamten, ein für diese Zellen einzigartiges Phänomen. Die Membran schrumpft, wenn die Zelle zuckt, meinen die Wissenschaftler (Science vom 28. Januar 2000).

Die Studie sei sehr wichtig, da sie Licht in die Mechanik des Hörens bringe, sagt Aleksander Popel von der Johns Hopkins University in Baltimore. Nach Angaben von William Brownell, einem Mitarbeiter von Oghalai, sind beschädigte Haarzellen der häufigste Grund für Hörprobleme. Wenn Wissenschaftler deren Mechanismus ersteinmal besser verstünden, könnten sie die Zellen vielleicht wirksam vor Beschädigungen bewahren.

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