Karin Kestner schreibt: 9. Juli 1998
Um 10.00 Uhr war es soweit, der langersehnte letzte Schultag für 10 Schüler der Hermann-Schafft-Schule.
Eine Dolmetscherin übersetzte die zum Teil Gänsehaut erzeugenden Reden in Gebärdensprache, eine Premiere für gehörlose Eltern, sie konnten die Reden verstehen.
Klassenlehrer Herr W. Ernst sprach eindrucksvoll über die zwei Welten, in die die Gehörlosen heute entlassen werden.
In die Welt die Hörenden, in der die Verständigung schwierig ist, aber in der Bildung weitergegeben wird. In die Welt der Hörenden, in der es auch Freunde geben kann (aber meist nur wenige), in die Welt, in der alle arbeiten und ihr Geld verdienen.
Und die zweite Welt, die Welt der Gehörlosen, in der sich Gehörlose wohl fühlen, weil es keine Verständigungsschwierigkeiten gibt. Die Welt der Gehörlosen - eine Tankstelle für Mut, Hoffnung und Stärke, die so notwendig sind wie das tägliche Brot, um in der Welt der Hörenden nicht unterzugehen.
Und die Rede des Schuleiters Herrn van Eikels, der davon sprach, daß jetzt alle auf einem Segelschiff fahren, aber nicht nur als Matrosen, sondern jeder hat jetzt sein eigenes Steuer in der Hand.
Jeder der heute verabschiedeten Schüler bestimmt ab sofort sein Leben selbst. Sie, die Gehörlosen selbst, bestimmen, wohin der Weg sie führt.
In den Redepausen konnten die Schüler ihr Talent zum Schauspielern unter Beweis stellen. Ihre Sketche wurden mit viel Beifall bedacht.
Aus meiner Sicht ein gelungenes Abschlußfest, das den Schulabgängern zeigt, daß sie ab heute ernst genommen werden.
Nicht auch zuletzt dadurch, daß ein Dolmetscher anwesend war, so daß sie die Reden, die ja schließlich für sie gehalten
wurden, auch verstehen konnten.
Es bleibt zu hoffen, daß es weiter so aufwärts geht an der Homberger Schule für Gehörlose.