Mail an RTL:
Sehr geehrte Damen und Herren,
als Vater eines spastisch behinderten Kindes möchte ich scharf gegen einen Beitrag der o.g. Sendung protestieren. Der Moderator, der seinen Beitrag möglicherweise als Satire verstand, trat in einem Priester-Kostüm auf, auf dem Studio-Bildschirm im Hintergrund und auf dem Schreibtisch war ein Kruzifix zu sehen. Thema des "humoristischen" Beitrages war der behauptete Versuch aller Behinderten, zu einer gemeinsamen Selbstvertretung zu kommen. Leider entsinne ich mich mehr an die Gesamttendenz, als an einzelne Sätze, aber sinngemäß sind mir folgende Auslassungen in Erinnerung: "Die Blinden konnten nicht lesen, die Tauben hörten nicht zu und die Beinamputierten gingen noch einen Schritt weiter." Dies allein ist schon eine Beleidigung aller Behinderten. Weitere Bemerkungen richteten sich gegen geistig Behinderte, Rollstuhlfahrer usw. Um nicht falsch verstanden zu werden: ich höre gern satirische und andere humorvolle Beiträge. Diese Art des "Schwarzen Humors" geht mir aber um Längen zu weit. Wenn jemand nur noch auf Kosten seiner Mitmenschen humorvoll sein kann, dann mag er es besser bleiben lassen. Wenn dabei jedoch eine sozial schwache Gruppe unserer Gesellschaft (die tagtäglich Stärke beweist!) zur Zielscheibe des Spottes gemacht wird, dann ist das die Vorstufe zu den Verirrungen des Nationalsozialismus. Damals wurden die Schulkinder mit manipulierten Rechenaufgaben auf die "Euthanasie" (schon dies ein Unwort!) vorbereitet. Wenn sich RTL zum Sprachrohr antihumanistischer Hetze macht, macht es sich mitschuldig.
Natürlich wird es jetzt heißen, daß das selbstverständlich nicht beabsichtigt war und daß viele Menschen den schwarzen Humor lieben. Die Huldigung an ein Stammtisch-Publikum (das sich auch noch gern intellektuell sehen möchte) entbindet jedoch nicht von journalistisch-künstlerischer Verantwortung.
Die antichristliche Tendenz der Sendung sei nur am Rande vermerkt. Das ist ebenso belanglos wie gewohnt. Für mich ist Gott real genug, daß er gelassen mit diesem Spott umgehen kann. Die Beleidigung seiner Menschenkinder dürfte ihn mehr schmerzen. Und daß gerade die Beleidigung dieser Schwachen in unserer Gesellschaft im Zeichen des Kreuzes stattfand, ist schon wieder eine eigene Form der Blasphemie.
Doch das Hauptproblem sehe ich in eben der Beleidigung von Menschen, die tagtäglich mit ihrer belastenden Situation fertig werden müssen und dafür mit ihren Angehörigen und Pflegern lächerlich gemacht werden.
Für meine Person werde ich mich über die Möglichkeiten rechtlicher Schritte gegen diese Äußerungen informieren. Einstweilen werde ich auf das gesamte Angebot von RTL verzichten. Wenn auch unscheinbar soll dies mein persönlicher Ausdruck des Protestes sein. Dem Sender möchte ich folgenden Vorschlag unterbreiten:
Es erfolgt eine Entschuldigung für diese humorlose Entgleisung bei den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern zu Beginn einer der nächsten Sendungen. Der oder die Verantwortlichen stellen das Honorar für diese Sendung einer gemeinnützigen Einrichtung zur Verfügung, die für behinderte Menschen aktiv ist. Daneben werden sie in dieser oder einer anderen Einrichtung für Behinderte für mindestens einen vollen Tag aktiv und unterstützen die dort lebenden Menschen.
In Erwartung Ihrer Antwort
Thomas Günzel
th.guenzel@t-online.de