Dipl. Ing. Klaus Klingbeil

Hörgeräteakustikermeister

öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der Handwerkskammer Berlin
Mitglied: der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker und des Fachverbands Deutscher Hörgeräte-Akustiker e.V. FDH

Falkensteinstrasse 2
12307 Berlin
Telefon : 030 / 744 42 57
Telefax: 0303 / 744 30 66
email: klaus-klingbeil@t-online.de


An die Redaktion von
Taubenschlag.de

Berlin, den. t. Februar Sonntag
KK/sel. / Taubenschlag-1


  1. Betrifft:Versandhandel mit Hörgeräten und Dienstleistungen des Hörgeräteakustikers.

Sehr geehrter Redaktion,

Zuerst einmal Gratulation für die gelungenen Seiten im Internet. Es ist gut, daß allen Betroffenen dieses Forum zur Verfügung steht.

Leider ist mir aufgefallen, daß die Berichterstattung tendenziös zu Gunsten des Versandhandels geht und Sie immer von Mafiamethoden und überhöhten Verdienstspannen der Hörgeräteakustiker sprechen.

Vielleicht kann ich zur Entkräftung dieser falschen Meinung etwas beitragen, in dem ich Ihnen zur Veröffentlichung einmal die Dienstleistungen des Hörgeräteakustikers für die Hörgeräteanpassung zur Verfügung stelle.

Es ist ein von mir gehaltener Vortrag anläßlich des 8. Multidissiplänären Kolloquium der GEERS-Stifung im Wissenschaftszentrum Bonn vor internationalem Fachpublikum. Wenn auch aus dem Jahre 1996 hat der Inhalt an Aktualität nichts verloren. Gleichzeitig erlaube ich mir Ihnen mitzuteilen, daß diese Dienstleistung von einem unabhängigen Refa-Institut in einer Refa-Studie von 6-Wochen Dauer im Fachbetrieb mit einer Dienstleistungszeit von 899,35 Minuten ermittelt wurde. Dies entspricht 14,99 also 15 Arbeitsstunden.

Bei einem Arbeitszeitaufwand von durchschnittlich 15 Arbeitsstunden für eine monaurale Hörgeräteanpassung einschließlich Nachsorge bei einem Erwachsenen, zu dessen Wert noch die Hartware Hörgerät mit üblicher Kalkulation hinzukommt, kann man wirklich nicht von überhöhten Verdienstspannen sprechen.

Auf diese Dienstleistung haben alle Betroffenen bei einem Hörgeräteakustiker Anspruch.

Da dies vom Versandhandel nicht einmal im Ansatz geleistet werden kann und ihm auch nur eine begrenzte Anzahl von über 1000 sich auf dem Markt befindlichen Hörgeräten zur Verfügung steht, ist er teilweise billiger, aber
nicht preiswerter. Außerdem erhält der Versandhandel die selben Festbeträge von den Krankenkassen vergütet wie der dienstleistende Hörgeräteakustiker. Dies halte ich für sehr ungerecht, zumal jeder Hörgeräteakustiker unter Aufwand der aufgezeigten Dienstleistung, Hörsysteme zum Festbetrag liefert.

Der Versandhandel konnte mit finanziellem Anreiz einen Teil der HNO-Ärzteschaft für sich gewinnen. Für jedes durch den Versandhandel an den HNO-Arzt gelieferte und an seinen Patienten ausgehändigte Hörgerät bekommt er mindestens 250,- DM vom Versandhandel vergütet. Also bei einer beidseitigen Versorgung sind das immerhin 500,- DM. Da
jedes Hörgerät vom HNO-Arzt verordnet werden muß, also auch das, welches vom einem Hörgeräteakustiker mit der gesamten zu erbringenden Dienstleistung angepaßt wird, ist der finanzielle Anreiz so groß, daß die Verordnung oft zu Gunsten des Versandhandels ausfällt. Der Vorteil dieses Systems liegt eindeutig bei den HNO-Ärzten, die eine Einnahmeverbesserung bei sich sehen und dem Versandhändler, der ohne die vom Hörgeräteakustiker zu erbringende Dienstleistung großen Umsatz macht. Der Nachteil dieses System liegt darin, daß der Hörgeräteakustiker Umsatzeinbußen hinnehmen muß, da hier keine Waffengleicheit im Wettbewerb mehr vorhanden ist.

Aber der größte Nachteil entsteht für die Betroffenen. Sie erhalten nicht die erforderliche Dienstleistung und Nachsorge auf die sie einen Anspruch haben. Denn ohne diesen notwendigen Anpaßaufwand mit vergleichender Anpassung und ständiger Nachbetreuung in Zusammenarbeit mit der HNO-Ärzteschaft ist eine optimale Hörgeräteversorgung nicht möglich.

Betroffene, die sich vom HNO-Arzt für eine Versorgung überreden lassen, bei der der HNO-Arzt das vom Versandhandel bezogene Hörgerät selbst ausliefert, schaden sich selbst am meisten und erhöhen das Einkommen der so verfahrenden Ärzte in ungebührlicher Weise.

In der Hoffnung mit diesem Beitrag sachlich etwas zur Aufklärung und Richtigstellung beigetragen zu haben, bitte ich um zur Verfügungstellung desselben auf Ihren entsprechenden Seiten.

Noch eine Bitte habe ich an Sie, lassen Sie sich nicht in unlautere Absicht vor den Karren von Einzelinteressen spannen. Es wäre sehr schade um die Idee.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Klingbeil
(ehemalige Bundesinnungsobermeister des Hörgeräteakustiker Handwerks)