Eine Einrichtung für Behinderte, ein "Dorf der Gemeinschaft" -
der optimale Arbeitsplatz für Mitarbeiter, die selbst behindert
sind. Selbstverständlich sind die Kollegen und Kolleginnen
sensibilisiert für jede Art von Behinderungen, und
selbstverständlich gibt es mehr Solidarität und Rücksichtnahme als
in der freien Wirtschaft. Das würde man als Außenstehender meinen.
Das Gegenteil ist wohl leider richtig. Zumindest in der Institution
und in dem Fall, ihrem eigenen, den Anna-Maria Karlbert in ihrem
Buch "Denunziert und abserviert" schildert. Übelstes Mobbing über
Jahre, mit dem Ziel, ältere und damit teurere Mitarbeiter
loszuwerden und durch billigere zu ersetzen!
Anna-Maria Karlbert ist sensibilisiert durch ihren behinderten
Sohn, aber auch durch die eigene Behinderung. Sie ist schwerhörig
und leidet unter starkem Tinnitus. Statt sich auf die Hörschädigung
einzustellen, haben Vorgesetzte und Kollegen sie gezielt
ausgenutzt. Mit Lärm und Nebengeräuschen kann man Schwerhörige
entnerven und an den Rand der Verzweiflung bringen.
Die Schwerhörigkeit ist ein Aspekt von vielen im "Krieg" im "Dorf
der Gemeinschaft". Anna-Maria Karlbert schildert die langwierigen
Auseinandersetzungen sehr ausführlich. Für Leser, die den
Büroalltag nicht kennen, ist das wohl ein wenig langatmig und
schwer nachvollziehbar. Auf literarische Höhepunkte hat Frau
Karlbert keinen Wert gelegt. Aber gerade das Alltägliche und
offensichtlich allzu Normale ist beeindruckend, und wer Mobbing am
eigenen Leib erfahren hat, wird vieles nachvollziehen können. Und
Mobbing-Opfer sind sicherlich keine kleine Minderheit, ganz sicher
auch nicht unter den Hörgeschädigten!