Der hörende Mika hat sich in die gehörlose Lea verliebt. Seine
Mutter ist begeistert, dass er sich für ein behindertes Mädchen
engagieren, sie beschützen und unterstützen will. Darauf ist Mika
noch gar nicht gekommen. Er will eigentlich nur Liebe – und
SEX!
So offen und ehrlich geht es in dem Jugendbuch Freak City von
Kathrin Schrocke zu.
Sie hat sich erstaunlich gut gleich in zwei verschiedene Welten
versetzt, die der Jugendlichen und die der Gehörlosen. Direkt geht
es in beiden Welten zu. Die Jugendlichen reden nicht um die Sache
herum. Die neue Referendarin finden die 15-Jährigen einfach geil
und verpassen ihr den Spitznamen „Pornoqueen“. Und sie
bedauern, dass die mit Minderjährigen nicht darf. Nicht mehr ganz
so junge Leser werden sich wundern, wie offen und ungeschminkt da
gesprochen – und auch gehandelt wird.
Noch erstaunlicher ist das Eintauchen in die Welt der Gehörlosen.
Würde man die Passagen, in denen es um Gehörlose geht,
herausfiltern, dann hätte man ein komplettes Lehrbuch über Sprache,
Kultur und Mentalität Gehörloser. Ob es um Gebärden, Bildtelefone,
Lichtklingeln, den Wunsch nach gehörlosen Kindern, den Stolz
darauf, gehörlos zu sein, oder auch um den Frust geht, nicht mal im
Bäckerladen einkaufen zu können, ohne falsch verstanden und schräg
angeguckt zu werden – so ziemlich alle Aspekte des deaf life
kommen vor in dem Buch. Und es ist aktuell. Lea nimmt Mika sogar
mit in ein Konzert mit SignMark!
Ein Lehrbuch über die Welt der Gehörlosen wäre sicher anstrengend
und eher langweilig. Ganz anders Freak City! Da wird nicht auf die
Bedeutung von Dolmetschern hingewiesen, sondern da dolmetscht der
neunjährige Bruder einer Freundin beim Rendezvous im Schwimmbad
zwischen Lea und Mika. Umwerfend komisch! Ein durchaus ernsthaftes
Thema, mit viel Humor und Einfühlungsvermögen geschrieben. Das
liest man auch als Erwachsener mit Begeisterung.
Ob eine Gehörlose und ein Hörender zusammen passen? Naja, als
15-Jährige müssen sie sich wirklich noch nicht für den Rest des
Lebens festlegen. Aber ob die beiden sich „kriegen“?
Das bleibt spannend bis zum Ende des Buches. ;-)