Doreen Senst: “... und plötzlich war es
still”
Identitätsarbeit von spätertaubten Erwachsenen im Kontext von
Gehörlosenkultur und hörender Kultur
Analyse anhand qualitativer Interviews und Diskussion von
Handlungsanforderungen an die Soziale Arbeit
Zusammenfassung
Hier wird ein bisher wenig beachteter Bereich der sozialen Arbeit erschlossen: die Lebenssituation und Lebensbewältigung von spätertaubten Erwachsenen. Im Zentrum steht die Frage, inwiefern sich eine plötzliche Ertaubung im Erwachsenenalter auf die Identitätsarbeit betroffener Menschen auswirkt und sie von der Gebärdensprachgemeinschaft als sozialem Netz-werk mitgetragen wird.
Die Autorin legt in ihrer theoriegeleiteten Analyse die Folgen kommunikativer Einschränkungen auf die Interaktionsmöglichkeiten mit der sozialen Umwelt und der Identitätskonstruktion dar. Um die Auswirkungen auf das Selbstkonzept der Betroffenen zu veranschaulichen, wird auf das sozialpsychologische Modell der Identitätsarbeit Bezug genommen. Mit Hilfe von qualitativen Interviews werden empirische Daten gesammelt, aus denen Handlungsanforderungen an die soziale Arbeit mit spätertaubten Menschen abgeleitet werden. Das Ziel der Untersuchung besteht nicht darin, einheitliche normative Vorstellungen über die Identitätsarbeit der Betroffenen aufzuzeigen. Vielmehr liefern die biographischen Interviews einen Denkrahmen für die soziale Arbeit, wie man sich die Beweglichkeit von Identitätsprozessen vorstellen kann.