Die Faszination der "FLIEGENDEN HÄNDE"
Deutsche Gebärdensprache

Erwartungsvolle Stille.

Werner Collet, unser Gebärdensprachlehrer, betritt den Raum und winkt uns mit beiden Händen zu. Verdutzt winken wir zurück und haben somit die erste Gebärde erlernt: "Hallo".

Wir befinden uns in einem Gebärdensprachkurs der Universität Landau (Rheinland-Pfalz). Etwa 12 Studenten der Sonderpädagogik hatten das Glück, in den Kurs aufgenommen zu werden, bei dessen Ankündigung sofort eine große Nachfrage eingesetzt hatte.

Werner Collet, selbst gehörlos, versucht, uns unsere anfängliche Scheu zu nehmen. Wir beginnen mit Gebärden wie "WICHZIG", "ICH VERSTEHE (NICHT)", "RICHTIG", "FALSCH", usw.

Allmählich gewöhnen wir uns an den anstrengenden Blickkontakt, der für die Erfassung der Gebärden notwendig ist. Auch in die für uns ungewohnte Lautsprache unseres Lehrers müssen wir uns langsam einhören. Werner Collet gibt sich große Mühe, uns neue Unterrichtsinhalte mit Hilfe von Gebärden, Körperbewegung, Lautsprache und Tafelanschriften nahezubringen.

 

Was ist DGS?

DGS – Deutsche Gebärdensprache – ist ein eigenständige visuelle Sprache mit ausdifferenzierter Grammatik. Für Gehörlose ist die Gebärdensprache die natürlichste Form der Verständigung, mit deren Hilfe auch komplizierte und abstrakte Sachverhalte ausgedrückt werden können.

Diese Möglichkeiten kann die Lautsprache den Gehörlosen niemals bieten. Umso trauriger ist es, daß die Gebärdensprache an deutschen Gehörlosenschulen immer noch verboten ist und die Kinder dazu gezwungen werden, die Lautsprache zu erlernen.

Schaut man einer Unterhaltung zweier Gehörloser zu, so ist man fasziniert und beeindruckt von den "fliegenden Händen" und der ausdrucksstarken Mimik. Damit eine gute Unterhaltung möglich ist, müssen ausreichende Lichtverhältnisse und ständiger Blickkontakt gegeben sein.

Im zweisemestrigen Gebärdensprachkurs der Universität Landau wuchs unsere Begeisterung mit jedem kleinen Fortschritt. Mittlerweile ist es uns möglich, in einfachen Gebärden und mit Hilfe des Fingeralphabets unsere Namen zu nennen, einkaufen zu gehen, kleine Geschichten zu erzählen und jemanden zu beschreiben. Ferner waren Wochentage, Rechenaufgaben, Haushaltsbegriffe, Ländernamen, Zahlen und Begriffe zum Körperbefinden Unterrichtsinhalte.

Abschließend bleibt zu sagen, daß wir sehr viel Spaß hatten und auch häufig gelacht haben.

Dies bleibt nicht zuletzt der Verdienst unseres Lehrers Werner Collet, der uns schwierige Gebärden, wenn es nötig wurde, auch 5 mal erklärte. Er verstand es, den anspruchsvollen Unterricht abwechslungsreich, humorvoll und interessant zu gestalten.

Mittlerweile wurde sogar ein Stammtisch für Gehörlose und Hörende (mit Dolmetscherin!) ins Leben gerufen, bei dem sich beide Seiten besser kennen lernen können.

FAZIT

Die DGS ist eine eigenständige, leistungsstarke Sprache, die nicht nur für Gehörlose und ihre Gebärdensprachgemeinschaft von hohem Wert ist, sondern darüber hinaus auch für Hörgeschädigte von Bedeutung ist, sei es im pädagogischen, sozialen oder kommunikativen Bereich.

Es wäre sehr wünschenswert, wenn mehr hörende Menschen die Gebärdensprache erlernen würden (besonders in öffentlichen Ämtern, Arztpraxen, Polizei usw.) um so den gehörlosen Mitmenschen den Alltag ein wenig zu erleichtern!

Claudia Andt, Ute Kruckert,
Institut für Sonderpädagogik Landau