Leserbriefe an die Schriftleitung
Ein Schutzengel? – Nicht bestellt!

Auf den Bericht und die Antwort von Bernd Werner in 'sbw' 47/98, Seite 18-20 sind viele, auch ich, hereingefallen. Ich habe es nicht genau gelesen und zuerst die Auffassungen von Bernd Werner einfach übernommen und dann später nachgedacht. Das ist falsch. Man muß sich erst genau informieren, bevor man zu Angaben von Bernd Werner ein Kommentar abgibt.

Es ist Bernd Werners selbstgemachtes Mundbildproblem. Seine "Sorgen" sind völlig aus der Luft gegriffen. Herr Bernd Werner kann nicht für die Gehörlosen sprechen, weil er als schwerhöriger Mann sich nicht als Betroffener sieht (aus seinem Faxschreiben vom 8. 8. 98 an mich). Wörtlich: "Eigentlich kann es mir egal sein. Da ich schwerhörig bin, kann ich auf andere Kommunikationsformen ausweichen". Der schwerhörige Bernd Werner will als "Schutzengel" der gehörlosen Leute in die Geschichte eingehen. Er gibt vor, "für die Gehörlosen zu sprechen". Er will sich nur interessant machen. Herr Bernd Werner meint, er wüßte es besser.

Seine Ansicht, daß Gehörlose ohne Mundbewegungen eher Affen als Menschen seien (siehe DZ 44/98, Seite 302 'Schon gehört, unerhört'), kann ich nicht gutheißen: Der von Bernd Werner verwendete Begriff "Affensprache" ist eine grobe Beleidigung und ich verbitte mir im Namen meiner gehörlosen Freunde diesen Begriff.

Zu Bernd Werners Bericht u. Antwort in 'sbw' 47/98, Seiten 18-20 möchte ich hinterfragen:

-- Welche Beweggründe hat Bernd Werner wirklich für diese Angriffe gehabt?

-- Ist sein "Kampf" (aus gleichem Faxschreiben an mich) nicht in Wirklichkeit eine Bekämpfung einzelner Personen?

-- Der Vergleich "mundbildloser" Gehörlosen mit Affen ist eine Beleidigung und verdient nicht, daß man auf Briefe, die solche Aussagen beinhalten, ernsthaft reagiert.

-- Sind die Vorgänge (siehe Leserbrief in DZ 44 Seite 171) nicht ein Scharfmachen der Gehörlosen und ein Schlechtmachen der Sprachwissenschaftler?

-- Die vielen persönlichen Beleidigungen und Unterstellungen, vor allem an die Adresse des PAX (Kath. Gehörlosenseelsorge Frankfurt/ Main und das Linguistische Institut der Universität Frankfurt, lassen den Verdacht aufkommen, daß der Autor hier einen Privatkrieg versucht und andere Gehörlose dafür auf kleinliche und gemeine Weise (Hetze) für sich zu gewinnen sucht.

-- Seine abscheuliche Behauptung "Das ist schon Gehirnwäsche" ('sbw' 47/98, Seite 20) belegt es.

Eigene Fehler, Widersprüche, persönliche Abneigungen und unpassende Emotionen machen Bernd Werner nicht glaubwürdig. Seine Behauptung und all die Briefe, die Bernd Werner in dieser Angelegenheit geschrieben hat, gleichen eher einem Affenzirkus als einer vernünftigen Auseinandersetzung mit dem Thema. So was wollen die Leute nicht, keine Ausfälle, keinen Unsinn und kein dummes Zeug.

Die Frankfurter von PAX, von FLF und der Universität bringen neuen Schwung. Ich erhoffe davon eine buntere Kulturlandschaft für die Gehörlosen und Schwerhörigen und starke Impulse für das Schulwesen und Einfluß auf die politischen Entscheidungsträger, eine bessere Ausbildung.

Die Sprachforschung muß mit den gehörlosen Leuten noch viel mehr weiter intensiv arbeiten, um die Fehler und Verwerfungen des hörgerichteten Schulsystems zu korrigieren und zu beheben.

Ohne die Universitäts-Sprachforschungen über die Sprache der gehörlosen Menschen bleibt es ein ferner Traum, daß es gehörlose oder schwerhörige Ärzte, Zahnärzte, Rechtsanwälte, Berater, die zu gehörlosen Leuten gebärden, geben würde, daß in Literatur, TV, Film von gehörlosen oder schwerhörigen Schauspielern viel schöne Unterhaltung gemacht werden kann.

Anerkennung und Dank für die Forschungsleistungen an alle Sprachwissenschaftler und deren Mitarbeiter.

Wolfgang Görs (gl), Karlsruhe

 

Die Bibel in Gebärdensprache

Erstmals ist ein Buch der Bibel, das Markusevangelium, vollständig in die Deutsche Gebärdensprache übersetzt und auf Video aufgezeichnet worden. Die Federführung des Projekts lag beim Beauftragten für Gehörlosenseelsorge der Evangelischen Kirche von Westfalen, Pfarrer Benno Weiß (Siegen).

Wie das Landeskirchenamt in Bielefeld mitteilt, dauert das Video viereinhalb Stunden. Eine Gruppe von acht Personen - darunter sechs Gehörlose - habe die Gebärdenübersetzung in einem Zeitraum von fünf Jahren in über 40 Sitzungen erarbeitet. Für die Aufzeichnung seien 17 Drehtage benötigt worden.

Der Pressesprecher der Westfälischen Kirche, Manfred Gronwald, begründete das Projekt damit, daß für die Meisten Gehörlosen die Schriftsprache eine Fremdsprache sei. In Deutschland leben rund 80.000 Personen mit einer solchen Behinderung.

Das Video zum Preis von 60 DM ist bei Pfarrer Weiß erhältlich.

Eingesandt von Friedrich Heymer, Hannover