(Computer-) Power to the Deaf - Teil 6
Hörgeschädigte im Internet
veröffentlicht in hörgeschädigte kinder 3/97

Dieser Artikel wendet sich an Hörgeschädigte und Eltern Hörgeschädigter, die bisher keine oder nur wenig Erfahrung mit dem Computer als Kommunikationsmedium gemacht haben. Erfahrene "Surfer" sollten sich auf das Durchforsten der WWW-Adressen konzentrieren.

 

So lange ist es doch noch gar nicht her, daß Gehörlose sich über die Einführung des Schreibtelefons freuen konnten! Endlich hatten auch sie die Möglichkeit, zu telefonieren - fast wie Hörende! Ein Stück der kommunikativen Behinderung war dadurch beseitigt. Um sich mit einem Freund zu verabreden, brauchte man nicht mehr zu ihm hinzufahren. Und schneller als eine Postkarte war es allemal, vor allem, da man sofort eine Antwort bekam. Allerdings gab es noch immer eine gewaltige Einschränkung: Der Gesprächspartner mußte ebenfalls ein Schreibtelefon besitzen. So war man auf den Kreis der Gehörlosen und weniger hörender Verwandter beschränkt.

Das ist bei einem Faxgerät grundsätzlich anders. Das Faxgerät wird überwiegend von Hörenden benutzt. Ein weiterer Vorteil: Der Angerufene muß zur Zeit des Anrufs nicht zu Hause sein. Allerdings bekommt man eine Antwort auch erst dann, wenn der Empfänger sein Fax gelesen hat. Insofern ist das Faxgerät mit seiner asynchronen Kommunikation auch keine Konkurrenz für das Schreibtelefon, das die synchrone Kommunikation ermöglicht.

Diese technischen Entwicklungen haben viele von uns noch bewußt miterlebt. Sie spielten sich innerhalb der letzten 20 Jahre ab. Die Geschwindigkeit der technischen Entwicklung scheint jedoch zuzunehmen, und mancher hat Mühe, bei dieser Beschleunigung mitzuhalten. Wie nicht anders zu erwarten, findet diese technische Entwicklung auf dem Bereich der Computertechnologie statt. Diese Entwicklungen sprengen unsere Vorstellungskraft und sind im Begriff, kommunikative Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, von denen Hörgeschädigte bisher nicht einmal träumen konnten, da sie selbst Träume übertreffen. Das klingt jetzt sicherlich euphorisch, und Skeptiker werden sicherlich den Computerfreak wittern, der ins Schwärmen kommt und vor sich hin spinnt. Deshalb vorweg die Schilderung eines kleinen Erlebnisses.

Zufallsbegegnung am anderen Ende der Welt

Während ich mich eines Abends im Internet umsah, wurde ich durch ein dezentes Signal darauf hingewiesen, daß jemand mit mir Kontakt aufnehmen wollte (von wegen Vereinsamung!). Es meldete sich eine JJ4Janette aus San Diego - mir völlig unbekannt. JJ4Janette - das hat sie mir später erläutert - bedeutet JJ (gefingert, als ihre Namensgebärde) und 4=for, also JJ (stands) for Janette. Janette ist eine gehörlose Amerikanerin, die als pädagogische Hilfskraft arbeitet. Sie hatte meinen Namen im Verzeichnis von AOL (AMERICA ONLINE) entdeckt. Dort bin ich „Kunde" und hatte irgendwann einmal ein perönliches Profil eingegeben. So hatte Janette die Suchwörter „deaf", „teacher" und „Germany" eingegeben und mich gefunden.

- Bernd Rehling - 1.1.98 -