Hiermit möchte ich Sie über einen krassen Fall unterrichten:

Wehe, wenn das Hörgerät mal streikt und zur Reparatur abgegeben werden muss:

Aufgrund meiner hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit beiderseits wurden durch den Facharzt, dem Hörakustiker und seitens eines Besuchs von Mitarbeitern der Hauptfürsorgestelle an meinem Arbeitsplatz bei mir die Notwendigkeit der Versorgung von digitalen Hörgeräten festgestellt.

Nunmehr traten nach zwei Jahren voll zufriedenstellenden Tragens leider schwere Defekte an beiden Hörgeräten auf, die es notwendig machten, diese zur Reparatur bei der Herstellerfirma Widex microtechnic nach Stuttgart (dies geschieht durch meinen Hörakustiker in Duisburg) einzuschicken.

Mein Besuch beim Hörakustiker erfolgte am Montag, den 17.09.01 um 12:00 Uhr. Mir wurde dort erläutert, dass ich die reparierten Hörgeräte nach zehn (Arbeits-)Tagen wieder abholen kann. Dieser lange Zeitraum wurde mit Versand- und Reparaturzeit erklärt. Es wurde vereinbart, dass ich sofort zu Hause per Telefon und Fax benachrichtigt werde, sobald die Geräte wieder eingetroffen sind. Ich könne mich in jedem Fall darauf verlassen.

Ich nun mußte zusehen, wie ich in dieser langen Zeit mit meinen alten Hörgeräten als Ersatz zurechtkam. Selbstverständlich hätte ich auch vom Hörakustiker Ersatzhörgeräte bekommen - nur ich fürchte, diese wären noch älter gewesen als meine eigenen alten. Mir wurde gesagt, dass es sich bei den Ersatzhörgeräten um zwar ältere, mit den früheren großen Batterien handelt, die aber repariert und voll funktionsfähig wären (dies ist auch so ein schlimmes Manko: der Hörakustiker macht dies auf eigene Rechnung und Gefahr; für diese für den Kunden kostenlose Dienstleistung bekommt er von der Krankenkasse kein Geld!). - Mit solchen Ersatzhörgeräten hätte ich wohl hören, aber meinen Berufsalltag damit bewältigen können - das wäre eine völlig andere Frage gewesen. Da habe ich ehrlich gesagt, abgewinkt und mich lieber auf meine eigenen alten Hörgeräte verlassen. Immerhin handelt es sich hierbei um halbdigitale Hörgeräte, die sehr gut auf meine Resthörfähigkeit eingestellt sind. Dabei kann ich nur von Glück sagen, dass ich gerade zufällig Urlaub hatte und diesen zur Hälfte zu Hause verbringen wollte. Somit bestand die tröstliche Aussicht, die reparierten Hörgeräte so früh wie möglich wieder abholen zu können.

Als sich nach über zwei Wochen immer noch niemand gemeldet hatte, rief ich am Freitagmittag, den 05.10.01, beim Hörakustiker an. Dort gab man mir zur Auskunft, dass die Hörgeräte leider immer noch nicht eingetroffen seien, man sich aber sofort bei der Firma erkundigen würde.

Der Rückruf vom Hörakustiker erfolgte prompt nach fünf Minuten etwa in diesem Wortlaut: "Die Hörgeräte sind fertig, wer übernimmt die Kosten? (die Frage der Kostenübernahme ist offensichtlich wichtiger, als mich endlich mit den Hörgeräten zu versorgen). - Gut, die Hörgeräte werden erst ab montags (den 08.10.) mit der Post versandt, so dass sie wahrscheinlich Dienstagmittag bei uns eintreffen werden". - Anschließend wurde ich vielmals um Entschuldigung gebeten, dass versäumt wurde, in der Zwischenzeit selbst die Firma Widex an die Dringlichkeit und den schnellstmöglichen Versand der Hörgeräte zu erinnern. Es täte ihnen sehr leid.

Wie meist, kommt ein Unglück selten allein: kurz vor meinem ersten Arbeitstag am Montag, den 08.10.01 gab auch noch die Telefonspule an meinem "good old" Hörgerät den Geist auf. Dies bedeutete für mich nun zusätzliche Schwierigkeiten während des Telefonierens (mein Büro liegt zur Hauptverkehrsstraße hinaus; es herrscht meist starker Straßenverkehr, eine Feuerwache ist auch noch in der Nähe, so dass man obendrein voll das Jaulen der Martinshörner mitkriegt). Dieses neue Hörproblem konnte aber mit Hilfe meiner verständnisvollen, lieben Kollegin überbrückt werden, die in der Zeit das Telefon bediente. Dies ersparte mir wenigstens eine kurzfristige Umgewöhnung auf wieder andere Ersatzgeräte; ein Hörgerät ist nun mal keine Brille, die man sich eben schnell auf die Nase setzt "und alles ist wie immer".

Am Dienstag, den 09.10.01 am frühen Nachmittag, kam vom Hörakustiker endlich der erlösende Anruf, dass die Hörgeräte eingetroffen seien und ich sie abholen könnte. Bei meinem anschließenden Besuch und erfolgter Hörgeräteversorgung war ich endlich in der Lage, mich genauer nach dem Grund für die lange Wartezeit zu erkundigen (verständlicherweise hatte ich die vorherigen Telefongespräche wegen meiner verminderten Hörfähigkeit etwas knapp gehalten, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Als "erfahrene" Schwerhörige kennt man sich mit eventuellen Kommunikationsschwierigkeiten ja so langsam aus).

Folgendes war passiert (oder besser: deshalb war nix passiert): ...die Firma Widex hatte, nachdem die Hörgeräte repariert worden waren, dem Hörakustiker einen Kostenvoranschlag zur Überprüfung übersandt, der dort aber nie angekommen ist. Die Firma wiederum hatte währenddessen auf eine Antwort von Hörakustiker gewartet. Erst durch einen Anruf meinerseits am Freitagmittag war dies aufgefallen (Anm.: dennoch wurden die Hörgeräte erst am Montag versandt, so dass ich sie erst frühestens am Dienstagnachmittag erhalten konnte? Hatte die jetzige Wartezeit nicht schon gereicht?).

Aus dem weiteren Gespräch mit dem Hörakustiker habe ich den Eindruck gewonnen, dass an dieser Verfahrensweise nichts geändert werden wird; damit erübrigt sich wohl jeder Versuch meinerseits, mich deshalb an Widex zu wenden und um Abhilfe zu bitten. Interessanterweise wirbt diese Firma in ihrer Internet-Seite (www.senso.de) mit einer Reparaturdauer "von nur wenigen Arbeitstagen" (darüber, dass die Geräte wohl noch mehr Arbeitstage brauchen, bis sie endlich abgeschickt werden, steht nichts).

- Die Erledigung von Papierkram ist also wichtiger, als Schwerhörige, die zudem noch voll im Beruf stehen, mit den wirklich höchst notwendigen Hilfsmitteln zu versorgen. Beide Firmen - Hörakustiker und Widex - sind im Besitz eines Faxgerätes; somit können solche Dinge auf schnellerem Weg abgewickelt werden (und jeder - Dienstleister und Kunde bzw. Patient - wäre zufrieden!).

Defekte, kompliziert gebaute Hochleistungscomputer werden spätestens innerhalb von 48 Stunden repariert und dem Besitzer wieder ausgeliefert, aber Hörgeräte benötigen dafür mehr als drei Wochen, geschweige denn, bis sich jemand überhaupt mal darum kümmert, dass sie ihren Dornröschenschlaf irgendwo im Schrank beenden und endlich den Weg zum Besitzer finden. Hiervon kann man nicht mehr von "Panne" sprechen, dies ist eine Verniedlichung, die sich schon aus Anstandsgründen wirklich verbittet!

Die hohe Arbeitslosigkeit unter den Schwerhörigen bzw. Schwerbehinderten wundert dann keineswegs, wenn sich die "Betreuung" derart in die Länge zieht. Schließlich gibt es auch ein "Leben nach der Hörgeräteanpassung". Die besten Wartungsprogramme und -dienstleistungen nützen nichts, wenn Papierkram Vorrang vor Behebung eines Schadens (Reparatur und schnellstmöglichste Wiederversorgung mit Hilfsmitteln) bekommt. Hier wiehert kräftig der Amtsschimmel!

Nebenbei bemerkt, befinde ich mich z. Zt. im Bewerbungsverfahren und hätte ohne die gewohnten Hörgeräte Vorstellungsgespräche führen (das macht natürlich gleich einen guten Eindruck!) oder sie besser verschieben müssen, bis ich endlich im Besitz meiner vollen Kräfte (bzw. Hörgeräte) sein würde. Des weiteren ermöglichen es mir gerade die digitalen Hörgeräte, auch moderne Mobiltelefone und Handys, die gerade im Berufsleben immer wichtiger werden, zu nutzen. Digitale Hörgeräte machen mich weitgehend unabhängig von der Umgebung; ein Büro in Straßenlage wird nicht mehr als extrem störend empfunden. Ferner ermöglichen diese mir auch eine Teilnahme an Fortbildungsseminaren, die in Zukunft häufig stattfinden werden und von großer Wichtigkeit für einen Verbleib in meinem Beruf sind. Und nicht zuletzt tragen diese zu einer Stabilisierung meiner gesundheitlichen Verfassung bei.

Auch möchte ich hinzufügen, dass ich mein ganzes Leben hindurch trotz der schweren Behinderung und größter Hindernisse um ein weitgehend normales Leben gekämpft habe (mein erstes - ein!- Hörgerät bekam ich erst mit sechs Jahren, jetzt bin ich 39 Jahre alt; eine Krankheit löste die Schwerhörigkeit aus). Der Weg in die Normalität mit Schule und Beruf war sehr schwer, denn in den 60er und 70er Jahren herrschte sozusagen Steinzeit, was Aufklärung, Wissen über Schwerhörigkeit und auch den Umgang mit Hörbehinderten betrifft.

Um so schlimmer empfinde ich es, wenn es einem unnötig so schwer gemacht wird. Man muss wirklich allem selbst hinterherlaufen. Ich fühle mich ganz schön hängen gelassen! Wie viel Energie und Nerven habe ich bei dieser Angelegenheit verloren, die ich zur Bewältigung des Alltags dringend brauche. Da bekommt meine riesige Freude, meine heißgeliebten Hörgeräte wieder in den Ohren zu haben, eine bitteren Beigeschmack.

Offensichtlich ist es gesunden Menschen immer noch nicht klar, dass Schwerhörige (zumindest fast Ertaubte) ohne die gewohnten Hörgeräte hilflos sind! Auch ist es erstaunlich, zu beobachten, wie selbstsicher sie sich in ihrer Gesundheit fühlen - ein kleiner Hörsturz, ein kleiner Schlaganfall, und schon ist nichts mehr, wie es war! Sollte man es ihnen wirklich mal wünschen, so für ein, zwei Tage? (Okay, dies ist etwas krass ausgedrückt. Aber an solcher Gedankenlosigkeit kann man manchmal wirklich verzweifeln).

- Entspricht es wirklich der Normalität, dass man solange auf die (bereits reparierten!) Hörgeräte warten muss? Wurden hinsichtlich der Reparaturzeit ähnliche Erfahrungen gemacht?

Mit traurigen Grüßen, Petra Bartel